Griechen hoffen auf weiteren EM-Coup - „Keine Angst“

Legionowo (dpa) - Der hart erkämpfte 2:1-Sieg des künftigen Viertelfinal-Gegners aus Deutschland über Dänemark fand kaum Beachtung. Das Gros der griechischen Nationalspieler bevorzugte im Mannschaftshotel andere TV-Programme.

„Viele haben Holland gegen Portugal geguckt. Das war spektakulärer. Oder die Parlamentswahlen in der Heimat verfolgt“, bekannte Abwehrspieler Ioannis Maniatis. Von fehlendem Respekt vor der DFB-Elf könne dennoch keine Rede sein: „Wir spielen gegen eines der besten Teams bei dieser EM. Sie sind Favorit, aber wir haben unsere Chance.“

Bei aller Wertschätzung für den WM-Dritten wächst in Griechenland der Glaube an ein zweites EM-Märchen. Selbst das Duell am Freitag in Danzig gegen die vermeintliche Fußball-Übermacht kann die Mannschaft um die Bundesliga-Legionäre Sokratis (Bremen) und Kyriakos Papadopoulos (Schalke) nicht schrecken. Ähnlich wie schon beim EM-Triumph 2004 in Portugal fühlt sie sich in der Rolle des Außenseiters wohl. Bei dem von Eintracht Frankfurt an den AS Monaco ausgeliehenen Außenverteidiger Georgios Tzavellas ist die Vorfreude größer als die Ehrfurcht: „Deutschland hat eine große Mannschaft - das liegt uns.“

Parallelen zum sensationellen EM-Erfolg sind unverkennbar. Schon in Portugal erwiesen sich die Defensivstrategen für große Fußball-Nationen als Spielverderber. „Die Griechen kämpfen ähnlich wie vor acht Jahren mit einer großen Leidenschaft und stehen gleichzeitig sehr sicher“, urteilte der damalige Griechen-Coach Otto Rehhagel in der „Bild“ (Montag) und stimmte Bundestrainer Joachim Löw auf eine schwere Aufgabe ein. „Diese Mannschaft sollte auch Deutschland im Viertelfinale nicht unterschätzen.“

Zusätzliche Brisanz erhält die Partie durch den wirtschaftspolitischen Zwist beider Länder. Die jüngste Aufforderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel an das Euro-Sorgenkind Griechenland, sich an Vereinbarungen zum Abbau der Staatsschulden zu halten, nutzten die heimische Medien als Steilvorlage. „Na kommt mal her! Wir haben es schon mal mit den Franzosen, den Portugiesen, den Russen, wir können es auch mit den Deutschen machen“, schrieb die Zeitung „SportDay“ auch in Anspielung auf die EM vor acht Jahren.

Nach dem Lucky Punch im finalen Gruppenkampf gegen die zuvor hochgelobten Russen (1:0) ist der Stolz vergangener Tage zurück. Urplötzlich schlug die Kritik an der Nationalelf in Lob um. Dieser Stimmungswandel verleitete auch Trainer Fernando Santos zu patriotischen Tönen. Wenige Minuten vor dem Showdown in der Gruppe B, bei dem der Gegner der Griechen ermittelt wurde, stellte er bedingungslose Gegenwehr in Aussicht: „Einer muss Blut spucken, um uns zu besiegen.“

Rechtzeitig vor den entscheidenden EM-Spielen ist es dem portugiesischen Fußball-Lehrer gelungen, die Stärken der Mannschaft zu wecken. Und die liegen - wie schon in Zeiten unter der Regie von Rehhagel - vor allem in der Defensive. Selbst die Turbo-Dribbler aus Russland fanden kein probates Mittel. Gelegentliche Konter und Stärken bei Standards machen die Griechen zu einem unbequemen Gegner. „Wir haben einen großen Sieg erreicht gegen die stärkste Mannschaft unserer Gruppe und sind jetzt sehr zuversichtlich für die kommende Aufgabe“, kommentierte der Schalker Papadopoulos.

Mit der Ruhe auf dem Trainingsgelände der Griechen in Legionowo rund 30 Kilometer von Warschau entfernt ist es seit dem Viertelfinal-Einzug vorbei. Das größere Medienaufkommen werten die Profis als Indiz für gewachsenen Respekt. EM-Neuling Papadopoulos verspürt Lust auf mehr. Liebend gern wäre er einer der Griechen, die zum ersten Mal eine DFB-Elf besiegen. „Deutschland ist eine ganz starke Mannschaft mit großartigen Spielern. Wir haben Respekt, aber keine Angst.“