Hodgson wird zum „Gute-Laune-Onkel“
Krakau (dpa) - Englands Spielerfrauen kommen. Trainerfuchs Roy Hodgson weiß, wie man die englischen Fußballstars bei Laune hält. Vor dem zweiten EM-Spiel gegen Schweden ist die Stimmung bei den „Three Lions“ prächtig.
Daran können selbst neue Verletzungsprobleme und intensives Training im nasskalten Krakau nichts ändern - dank Darts, Snooker und der Aussicht auf Besuch von Coleen Rooney und Co. „Für uns alle ist das eine tolle Sache, unsere Familien zu sehen und etwas vom Fußball abzuschalten“, erzählte Jordan Henderson und verriet damit den abendlichen Besuch der Liebsten aus der Heimat.
Damit wurde auch klar, warum die englischen Kicker beim Training am Morgen vergnügt durch Krakaus Regen trabten, selbst als Ashley Cole nach nur wenigen Minuten von einem Physiotherapeuten in die Kabine geleitet wurde. „Wir haben eine gute medizinische Abteilung“, meinte Stürmer Danny Welbeck mit einem breiten Grinsen. Reine Vorsichtsmaßnahme, sagte später auch der englische Verband FA. Stammverteidiger Cole leidet unter einer langwierigen, aber wohl harmlosen Sprunggelenksverletzung. Ob Reservist Martin Kelly, der beim Training aufgrund einer Virusinfektion fehlte, am Donnerstag mit nach Kiew fliegen kann, war dagegen noch unklar.
Doch auch das trübte die stimmungsvolle Atmosphäre nicht. „Der Trainer und die Betreuer haben in der Vorbereitung wirklich tolle Arbeit geleistet“, lobte Arsenals Theo Walcott Hodgsons Arbeit. Nach dem 1:1 zum Auftakt gegen Frankreich hatte der 64-Jährige Englands Quartier kurzerhand in eine Art Freizeitpark mit Wellnessbereich umfunktioniert. Ein bisschen Planschen im Kellerpool des massiven Hotelgewölbes, Herumalbern beim Tischtennis oder Zerstreuung bei Darts und Snooker - Hodgson ließ Wayne Rooney, Steven Gerrard und Co. bei der Regeneration die freie Wahl. „Die Jungs haben die ganze Zeit Tischtennis, Playstation und Snooker gespielt - das ist alles da“, berichtete Walcott über die willkommene Abwechslung.
Nicht nur Rooneys Gattin Coleen, die vor ihrer Anreise nach Polen noch Partybilder aus der Nacht zuvor twitterte und „nächste Station: Polen“ ankündigte, dürfte in der als feierwütigen bekannten Universitätsstadt auf ihre Kosten kommen. Ihr Gatte, von Hodgson für den weiteren EM-Verlauf als „Ass im Ärmel“ angekündigt, ist gegen Schweden noch gesperrt.
Hodgson ließ vor dem Match gegen die Skandinavier bewusst die Zügel schleifen. Als Belohnung für das nicht immer ansehnliche, aber letztlich erfolgreiche Spiel gegen Frankreich. So mancher bekam bei England Erinnerungen an den destruktiven FC Chelsea in der Champions League. „Roy's Boys bringen Kritiker zum Schweigen“ hatte die „Sun“ sogleich über die Überraschung zum Auftakt getitelt.
Auch die Spieler hatte der neue Nationalcoach bereits kurz nach seiner Amtsübernahme Anfang Mai verblüfft. In zahlreichen Einzelgesprächen glänzte der 64-Jährige mit vorab eingeholten Informationen über deren Familien. Vorgänger Fabio Capello soll kaum mit den Spielern gesprochen und großen Wert auf eiserne Disziplin gelegt haben. Hodgson lockerte die Regeln und sorgte für gute Laune. „Die Stimmung in der Truppe ist wirklich überragend“, lobte Torhüter Joe Hart.