Hooligan-Krawalle belasten politisches Klima
Berlin (dpa) - Die Krawalle zwischen russischen und britischen Hooligans bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich belasten zunehmend auch das politische Klima. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisierte in Moskau die Festnahme Dutzender Russen in Frankreich.
Er sehe darin einen Verstoß gegen internationale Regeln, sagte Lawrow der Agentur Interfax zufolge. Die französische Polizei hatte am Dienstag einen Bus mit 43 Russen festgesetzt, elf davon sind inzwischen wieder frei.
Zugleich kritisierte Lawrow das Verhalten russischer Fans. „Es ist inakzeptabel, wie sich einige unserer Bürger benommen haben, die mit Feuerwerkskörpern (ins Stadion) gekommen sind.“ Russische Hooligans hatten vergangenen Samstag in Marseille am Rande des ersten EM-Spiels gegen England englische Fans angegriffen. Vor dem Spiel Russland gegen die Slowakei am Mittwochnachmittag in Lille war es in der Stadt ruhig und friedlich geblieben.
Wegen der Krawalle hatte die UEFA den russischen Verband mit einem EM-Ausschluss auf Bewährung bestraft. Sollten sich in einem Stadion während der EM Ausschreitung von russischen Krawallmachern wiederholen, ist das Turnier für die Sbornaja vorzeitig beendet. Russlands Sportminister Witali Mutko schloss am Mittwoch neue Randale durch mitgereiste Fans nicht aus. „Unsere Fans werden ständig provoziert“, sagte er am Mittwoch in Moskau der Agentur Tass.
„Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, dass sich Ausschreitungen russischer Fans nicht wiederholen werden“, sagte Mutko. Oft würden die Russen aber zu Unrecht bezichtigt. Auch in Russland werde Gewalt in den Stadien abgelehnt. Russlands Parlaments-Vizepräsident Igor Lebedew hatte nach den Ausschreitungen erklärt, er könne nichts Schlimmes an kämpfenden Fans finden. „Im Gegenteil, gut gemacht Jungs. Weiter so!“, hatte er am Montag bei Twitter geschrieben.
Solche Reaktionen kritisierte die Bundesregierung am Mittwoch zumindest indirekt. „Da wird zum Teil von Hooligans ein wirklich widerwärtiger Gewaltkult gepflegt, der das Gegenteil des Grundgedankens von Sport ist“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch auf die Frage, wie Berlin solche Reaktionen bewerte. Das solle man nicht klein reden, wie das zum Teil internationale Stimmen in den vergangenen Tagen getan hätten.
Nach Einschätzung Seiberts ist es „beschämend genug, dass offenbar auch Deutsche an solchen Ausschreitungen beteiligt waren“. Wer nach Frankreich reise, um Randale zu machen, wer offensichtlich auch den Tod von Menschen in Kauf nehme, habe dort nichts zu suchen. Ähnlich äußerte sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei einem Besuch in Paris. Er befürwortete eine „starke Antwort des Rechtsstaats“ auf die Hooligan-Gewalt, diese Antwort werde in Frankreich gegeben. „Ich bin voller Respekt für Schnellverfahren der Justiz“, fügte er mit Blick auf erste Verurteilungen nach den Krawallen in Marseille hinzu.
Russlands größte Sportzeitung „Sport-Express“ forderte am Mittwoch, das Land müsse die Fangewalt dringend in den Griff bekommen. „Die Anhänger fliegender Fäuste werden sich bis zur WM 2018 nicht in Luft auflösen“, warnte das Blatt. Die WM 2018 findet in Russland statt.
Deutsche Behörden haben unterdessen zwei Dutzend gewaltbereiten Hooligans die Ausreise zur Fußball-Europameisterschaft verboten. Ein weiteres Dutzend gewaltbereiter Fans habe Meldeauflagen bekommen und dürfe bestimmte Gebiete nicht verlassen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Auch mit Blick auf das Spiel Deutschland gegen Polen am Donnerstag könne die Polizei noch weitere Hooligans direkt an der Grenze an der Ausreise hindern. Zudem seien mehr als 600 Gefährder von den Behörden angesprochen worden.