Jung, teuer, dynamisch: Bayerns Millionen-Einkauf Sanches

Marcoussis (dpa) - Die Trophäe ist groß und hässlich, aber immerhin: Es ist eine Trophäe. Renato Sanches ist bei der Fußball-EM gerade zum besten Spieler des Achtelfinales zwischen Portugal und Kroatien gewählt worden.

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Nicht Cristiano Ronaldo oder Luka Modric, die am Samstag in Lens ebenfalls auf dem Platz standen, sondern der neue, rastalockige Millionen-Einkauf des FC Bayern München. Renato Sanches, Spitzname „Bulo“, hat von diesem Turnier schon einige Auszeichnungen davongetragen. Aber der Pokal für den „Man of the Match“, wie es offiziell heißt, ist die erste von ihnen, die er sich auch in die neue Münchener Wohnung stellen kann, wenn er denn mag.

Alle anderen Bestmarken stehen bloß in den Statistiken, sagen dafür aber umso mehr über ihn aus. Sanches ist erst 18 Jahre alt, vor dem Viertelfinale am Donnerstag gegen Polen (21.00 Uhr) hat er bisher auch erst 134 von 390 möglichen Turnier-Minuten für seine Mannschaft gespielt. Trotzdem ist er bei dieser EM bereits:

- Der jüngste Spieler, der für Portugal jemals bei einem großen Turnier zum Einsatz kam. Selbst Cristiano Ronaldo war schon 19, als er vor zwölf Jahren zur EM 2004 fuhr.

- Der teuerste Spieler der Generation U20 weltweit. Mindestens 35 Millionen Euro überweist der FC Bayern für ihn an Benfica Lissabon. Vor allem Manchester United bot kräftig mit.

„Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich bei einem so großen Verein wie Bayern München unterschrieben habe. Aber noch konzentriere ich mich voll auf die EM“, sagte Renato Sanches nach dem Kroatien-Spiel.

Was die Bundesliga von diesem Mann erwarten kann, war am Samstag in Lens gut zu sehen. Nach seiner Einwechselung in der 50. Minute brachte er ein Maß an Draufgängertum in die Partie, das diesem faden Kick bis dato völlig abging. Sanches war energisch und dynamisch, das späte Siegtor in der Verlängerung bereitete auch er mit vor. „Ich weiß, dass er bei den Portugiesen nur Ersatz ist, aber von ihm bin ich wirklich beeindruckt“, sagte Polens Torwart Wojciech Szczesny.

Dass Renato Sanches manchmal noch Ruhe, Übersicht und vor allem Genauigkeit in seinem Spiel fehlen, war gegen Kroatien ebenfalls nicht zu übersehen. Hätte er diese Eigenschaften mit seinen 18 Jahren auch schon, würde er wohl längst zur Stammformation zählen.

So aber bleibt die Frage, ob „Bulo“ auch mal von Anfang an spielen sollte, eines der meistdiskutierten Themen der Portugiesen bei dieser EM. Einige Medien forderten diesen Einsatz bereits vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Österreich. Andere Beobachter und auch Trainer Fernando Santos sind eher der Meinung: Ihm fehlt noch die Erfahrung.

Derjenige, der mit diesem Thema am gelassensten umgeht, ist Renato Sanches selbst. „Wenn ich spiele, spiele ich. Wenn nicht, dann nicht“, sagte er. „Ich respektiere da völlig die Entscheidungen von Mister Santos. Ich bin erst 18 - und spiele schon bei einer EM.“

Bei der völligen Fixierung auf Ronaldo wird gern übersehen, dass Portugals Team auch noch aus anderen begehrten Spielern besteht. Sanches war mit seinem Wechsel nach München erst der Anfang, danach unterschrieb der Außenverteidiger Raphael Gueirrero einen Vertrag bei Borussia Dortmund. William Carvalho und André Gomes dürften die nächsten sein, Manchester United und Juventus Turin sind an ihnen interessiert. Beides sind Konkurrenten von Sanches im portugiesischen Mittelfeld. Auch das erklärt, warum er so wenig spielt.

Ob nun mit Sanches, Gomes oder gleich beiden: Im Viertelfinale gegen Polen sind die Portugiesen dank solcher Talente der Favorit. „Mal sehen, was dabei noch herauskommt“, sagte Renato Sanches nach dem Achtelfinale über dieses Turnier. Für Portugal und für ihn selbst.