Real ärgert Löw - Özil und Khedira fehlen auf Sardinien
München (dpa) - Joachim Löw muss eine weitere bittere Pille bei der ohnehin komplizierten Vorbereitung auf die Fußball-EM schlucken. Neben den acht Spielern des FC Bayern München werden auch Mesut Özil und Sami Khedira das erste Trainingslager auf Sardinien komplett verpassen.
Die beiden Spieler von Real Madrid stoßen erst am 20. Mai in Südfrankreich zur deutschen Nationalmannschaft. Grund ist ein kurzfristig von Real vereinbartes Freundschaftsspiel am kommenden Donnerstag in Kuwait, zu dem der spanische Meister mit allen Nationalspielern reisen will.
Teammanager Oliver Bierhoff hatte erfolglos versucht, bei den Verantwortlichen von Real eine Freistellung der beiden Mittelfeldspieler zu erwirken. „Es ist uns bekannt, dass die offizielle Abstellungsfrist der Vereine für die EM erst am 25. Mai beginnt, und daher müssen wir die Entscheidung von Real Madrid akzeptieren. Es hilft kein Klagen, wir müssen jetzt auch aus dieser Situation einfach das Beste machen“, erklärte Bierhoff.
Auch die Bayern bestreiten nach dem Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea am 22. Mai noch das Robben-Wiedergutmachungsspiel gegen die Niederlande, weshalb Kapitän Philipp Lahm & Co. sogar erst am 25. Mai in die EM-Vorbereitung einsteigen werden.
Özil und Khedira sollten ursprünglich drei Tage nach dem letzten Saisonspiel für Real in Spanien an diesem Sonntag nach Sardinien kommen. So war es Bundestrainer Löw von Real-Coach José Mourinho zugesagt worden. Aufgrund der Partie in Kuwait zog der spanische Rekordmeister diese Zusage kurzfristig zurück. Auch die spanischen und portugiesischen EM-Spieler müssten mit nach Kuwait reisen.
Die deutsche Titelmission beginnt für Löw damit mit einer weiteren ärgerlichen Entwicklung. Am Freitag wird ein von Lukas Podolski angeführter Rumpfkader von lediglich zehn Akteuren teilweise in Begleitung der Partnerinnen von Frankfurt ins erste Trainingscamp nach Sardinien reisen. Als Nummer elf kommt Per Mertesacker hinzu, der direkt von London auf die italienische Ferieninsel fliegt. 16 Spieler aus dem vorläufigen 27-köpfigen deutschen EM-Aufgebot fehlen dagegen - auch der Platz von Löw im Charterflieger wird am Freitagnachmittag leerbleiben.
Der Bundestrainer nutzt lieber die Chance, am Samstag beim DFB-Pokalfinale in Berlin zwischen Meister Borussia Dortmund und Rekordchampion FC Bayern gleich 13 seiner EM-Kandidaten beobachten zu können. Löw wird dabei neutral, aber keinesfalls entspannt auf der Ehrentribüne des ausverkauften Olympiastadions sitzen.
„Wir haben noch die Unwägbarkeiten der ausstehenden Spiele. Es kann zum Beispiel Verletzte geben“, beschrieb er die Gefahrenquelle, die ihn auch noch beim anschließenden Königsklassen-Endspiel der Bayern am 19. Mai in Atem halten wird. „Ich muss nicht daran erinnern, was in der Vergangenheit schon alles passiert ist“, bemerkte Löw. Vor der WM 2010 verletzten sich gleich drei Akteure, angefangen mit dem damaligen Kapitän Michael Ballack, den es im englischen Pokalfinale erwischte. Fuß kaputt - Südafrika adé!
Die Vorbereitung auf sein drittes großes Turnier als Chefcoach stellt Löw nach dem plötzlichen längeren Verzicht auf Özil und Khedira vor noch größere Schwierigkeiten. „Wir haben dieses Mal keine einfache Aufgabe zu lösen“, hatte der 52-Jährige schon zuvor betont. Erst am 25. Mai, wenn die acht Bayern-Profis nach Südfrankreich kommen, hat er den kompletten Kader beisammen. Nur 15 Tage später steht der erste EM-Ernstfall gegen Portugal an.
Allein Sonne, Strand und Meer wird für die Vorhut um Podolski im Fünf-Sterne-Luxushotel Romazzino an der Costa Smeralda nicht auf dem Programm stehen. „Jeder Trainingstag ist wichtig“, erklärte Löw. Zweimal täglich sollen die Spieler individuell trainieren, die Gruppe wird sich dabei zunächst rasch vergrößern. Miroslav Klose soll schon am Morgen nach seinem letzten Saisonspiel mit Lazio Rom an diesem Sonntag anreisen. Die fünf Dortmunder Pokalfinalisten Hummels, Götze, Schmelzer, Gündogan und Sven Bender werden am Dienstag erwartet.
Neben Klose wird der ebenfalls lange verletzte Mertesacker in Sardinien ganz besonders auf den Turnierprüfstand kommen. „Per wird von uns ganz besonders im individuellen Bereich gefordert. Er muss bei uns auf Wettkampfniveau kommen“, kündigte Löw an. Nach drei großen Turnieren als Stammspieler (WM 2006, EM 2008, WM 2010) ist Mertesackers Position als Abwehrchef extrem infrage gestellt.