Schewa fühlt sich besser - Ukraine bangt weiter

Donezk (dpa) - Die beiden ukrainischen Mädchen mit den blau- gelben Cowboyhüten warteten vergeblich auf ihren Nationalhelden.

Zahlreiche Autogrammjäger wollten beim Training in Donezk noch einen Blick auf Andrej Schewtschenko erhaschen, doch der Stürmer musste sich vor dem entscheidenden EM-Gruppenspiel gegen England im Hotel am Knie behandeln lassen. Erst zur Übungseinheit am Montagnachmittag - als keine Zuschauer zugelassen waren - tauchte der Fußball-Superstar ohne sichtbare Knieprobleme auf dem Platz auf.

Beim Countdown für das „größte Spiel der Geschichte unseres Landes“ (Andrej Woronin) stellt sich eine ganze Fußball-Nation weiter die bange Frage: Wird Schewa rechtzeitig vor dem Anpfiff am Dienstag fit, um mit einem dringend benötigten Sieg den Vorrunden-K.o. für den zweiten Gastgeber zu verhindern?

„Es geht mir besser“, sagte Schewtschenko vor dem Gruppenspiel in Donezk. Sein Einsatz ist aber weiter unsicher. „Er hat weniger Flüssigkeit im Knie“, sagte ein Teamsprecher. „Die Chancen stehen 50:50“, meinte Trainer Oleg Blochin, „wir unternehmen alles, was möglich ist, um ihn für das Spiel bereitzumachen.“

Die Flüssigkeit im Knie stören Schewtschenkos Bewegungen vor seinem möglicherweise letzten Länderspiel. In den beiden bisherigen EM-Partien gegen Schweden (2:1) und Frankreich (0:2) hatte er jeweils einen Schlag bekommen. „Ich denke, Andrej wird mit all seinem Verlangen, seinem Land und der Welt zu zeigen, dass er ein Profi ist, sein Bestes geben, um zu spielen“, sagte Teamarzt Leonid Mironow im ukrainischen Fernsehen. Beim Training am Montag gab sich der Star locker - spielte mit Kollegen den Ball im Kreis.

Schewtschenkos Mitspieler zählen auf den Doppeltorschützen des Auftaktspiels. „Er ist in jedem Spiel sehr wichtig für die Ukraine. Wir wissen nicht, ob er spielen kann oder nicht, aber jeder hofft, dass er fit wird“, meinte der frühere Bundesligaakteur Woronin. Für Bayern-Profi Andrej Timostschuk ist der Kapitän „ein großer, großer Spieler unserer Mannschaft. Es wäre gut für uns, wenn er spielen würde.“

Auch wegen der Nachricht vom möglichen Ausfall Schewtschenkos blieb die Stimmung bei der öffentlichen Einheit unter den knapp 1000 Zuschauern im Metalurg-Stadion zurückhaltend. Nur ab und zu hallten „Ukraina, Ukraina“-Rufe über die halbleeren Sitzreihen. Die Euphorie ist vorerst verflogen.

Das Schicksal des gescheiterten Co-Turniergastgebers aus Polen spornt die Gelb-Blauen allerdings auch an. „Wir wissen, wie wichtig dieses Spiel für die Ukraine ist und wir wollen weiter als Polen kommen“, betonte Woronin, „das ist das größte Spiel der Geschichte unseres Landes, weil es die letzte Chance ist, ins Viertelfinale zu kommen.“

Dass die Ukraine die vergangenen sechs Spiele in der Donbass Arena nicht gewonnen hat, schreckt den WM-Viertelfinalisten von 2006 ebenso wenig wie die Rückkehr von Englands Topstürmer Wayne Rooney. „Natürlich ist Rooney sehr gefährlich, aber man darf nicht vergessen, dass er seit einem Monat nicht mehr gespielt hat“, meinte Schewtschenko.

Der 35-Jährige könne selbst bestimmen, ob er auflaufen wolle oder nicht, verriet Teamarzt Mironow. Welche Entscheidung Schewtschenko am liebsten treffen würde, hatte er bereits nach der Niederlage gegen Frankreich angedeutet, die unter Pfiffen der ukrainischen Fans zu Ende ging. „Ich würde es hassen, wenn meine letzten Erinnerungen an meine Zeit für die Ukraine wären, von den Fans ausgebuht zu werden“, meinte der Rekordtorschütze, „dieser Gedanke jagt mir Angst ein.“