Schweinsteiger: „Für mich gibt es Aufgeben nicht“
Ascona (dpa) - Ganz am Ende sprach Bastian Schweinsteiger den entscheidenden Satz. „Für mich gibt es das Wort Aufgeben nicht.“ Mit dieser Haltung ist er als blutender Anführer 2014 im Finale von Rio zum deutschen WM-Helden geworden.
Und mit dieser Einstellung möchte der danach von Bundestrainer Joachim Löw zum Kapitän beförderte Mittelfeldchef es auch zur Fußball-Europameisterschaft schaffen - und dort die Nationalmannschaft zum vierten Titelgewinn leiten. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir wieder ein gutes Turnier spielen werden.“ Mit ihm? Kann sich die WM-Geschichte 2016 wiederholen?
Am Mittwoch, bei seiner Pressekonferenz im Medienzentrum von Ascona, unternahm der im EM-Jahr gleich zweimal am rechten Knie verletzte Leitwolf alles, um persönlich Zuversicht zu verbreiten. „Es hat vor der WM 2014 gut geklappt, und da war ich in einem noch schlechteren Zustand“, sagte der 31-Jährige etwa. Und betonte: „Mir geht es gut. Ich bin sehr zuversichtlich. Bis jetzt bin ich völlig im Plan.“
Das Bild am Lago Maggiore wirkt wie eine Kopie vor zwei Jahren in Südtirol. Schweinsteiger schuftet allein im Zeltlager. Im Fitnesszelt neben dem Trainingsplatz musste der in 114 Länderspielen gestählte Profi am Mittwoch als Einzelkämpfer sein körperliches Aufbauprogramm fortführen. Eine letzte MRT-Aufnahme des maladen rechten Knies in der Praxis von Teamarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt sah zuvor gut aus, berichtete Schweinsteiger. Doch bis zu Übungen mit dem Ball und dem Einstieg ins Mannschaftstraining werden noch einige Tage vergehen.
Erst dann ist der Zeitpunkt erreicht, „der das Risiko bringt“, wie Joachim Löw am ersten Trainingstag am Lago Maggiore erklärte. Erst Zweikämpfe und Spielsituationen können entscheiden, ob der große Kämpfer Schweinsteiger tatsächlich in Frankreich sein siebtes Turnier spielen kann. „Bei Bastian müssen wir abwarten. Ich gebe ihm die Zeit bis Freitag, Samstag“, kündigte Löw vorsichtig an. „Körperlich hat er alles gemacht“, lobte der Coach. Aber bei der EM wird mehr verlangt.
„Ich versuche, die letzten Schritte zu machen“, kündigte der Kapitän an. Und dann müsse man sehen, „ob es reicht oder erstmal nicht“. Schweinsteiger dachte dabei nicht an den 31. Mai, wenn Löw aus seinem 27-Mann-Kader die endgültigen 23 Akteure auswählen muss, sondern den Turnierstart des DFB-Teams am 12. Juni in Lille gegen die Ukraine.
Dafür wird es garantiert eng. „Ich habe seit Ende März kein Spiel gemacht“, bemerkte Schweinsteiger selbst auf dem Pressepodium. Zweimal hat er sich im EM-Jahr am Innenband verletzt, nur vier Spiele hat er für Manchester United in diesem Jahr absolviert. Insgesamt stand er dabei 141 Minuten auf dem Spielfeld. „Gerade die zweite Verletzung wirft einen zurück“, gestand Schweinsteiger.
Der mit Lukas Podolski dienstälteste aktive Nationalspieler hat jedoch Erfahrung im Umgang mit Rückschlägen, er kennt seinen Körper genau. „Ich hatte immer schwierige Situationen in meiner Karriere.“ Schon bei der EM 2012 quälte er sich nicht topfit durch das Turnier. Und zwei Jahre später stand er erst im zweiten WM-Gruppenspiel gegen Ghana wenige Minuten auf dem Platz. Fortan zählte er wieder zur Startelf bis hin zur Krönung beim 1:0 gegen Argentinien. 120 Minuten hielt er im Endspiel durch, musste dabei ans Limit gehen.
Die EM könnte den Schlusspunkt unter eine große Karriere im Nationaltrikot setzen. An die WM 2018 habe er noch nicht gedacht, antwortete Schweinsteiger in Ascona. Bis zum Turnier in Russland läuft auch sein Vertrag bei Manchester United. Dort musste sein Förderer Louis van Gaal gerade als Trainer gehen. Als Nachfolger steht José Mourinho parat. Die Entwicklungen bei seinem Club verfolgt Schweinsteiger auch in der Schweiz aufmerksam, sie seien aber „nicht so entscheidend aktuell für mich“. Über van Gaal werde er „keine schlechten Worte“ äußern, aber auch nicht über seinen designierten neuen Chef: „Jeder Spieler würde gerne mal unter Mourinho spielen.“