Spaziergang der Spanier

Der Titelverteidiger zeigt große Spielfreude gegen überforderte Iren und wirft mit dem 4:0 Trapattonis Elf aus dem Turnier.

Danzig. James O´Reilly (34) steht hoch oben unter dem Dach in der Arena in Danzig mit seinen Freunden. Sie haben sich in Hamburg ein Wohnmobil geliehen, leben auf einem Campingplatz in Sopot, einige Kilometer vom Stadion entfernt. Die Vorrunde bei der ersten EM für die Iren seit 1980 soll ein Fest werden. Die Ränge sind voll mit Grün, Weiß und Orange, „Come on you boys in green“, singen sie, es scheppert durch das Rund, es ist ein irisches Fußball-Fest gegen Spanien.

Wie ungleich: Der Zwerg gegen den Welt- und Europameister. Nach 45 Minuten ist O´Reilly, der irische Fan, gar nicht mehr so fröhlich. Er hatte schon beim 1:3 gegen Kroatien leiden müssen. „Wir spielen sehr schlecht“, sagt er, und das ist ein bisschen untertrieben. Zumindest erinnert der irische Fußball an jenen aus der Vorzeit gegen den spanischen Hochgeschwindigkeits-Kick der Moderne. Fernando Torres lässt Schlimmes erahnen.

Der Stürmer des FC Chelsea ist nach Spaniens 1:1 gegen Italien zum Auftakt für Cesc Fabregas ins Team gerückt. „Endlich wieder ein echter Stürmer im Team“, jubelte die spanische Presse. Nach vier Minuten gibt Torres ihr Recht, nimmt Richard Dunne den Ball ab und hämmert ihn ins Tor. Aus sieben Metern. Es war der erste Treffer bei einem Endrunden-Turnier für Torres, seit seinem EM-Finaltor 2008 gegen Deutschland.

Spanien spielt in der Folge, jagt die Iren über das Feld, Ballbesitz ohne Ende. Und O’Reilly? Schimpft über den irischen Trainer Giovanni Trapattoni. Der 23-jährige James McClean vom FC Sunderland müsse im Sturm spielen, nicht Simon Cox (25), der in der Premier League für Bromwich in 18 Spielen keinen Treffer erzielt. Aber Trapattoni sei McClean zu jung.

„Schauen Sie nach Deutschland“, sagt O´Reilly, „die sind alle jung, aber gut“. Aber ob das gegen Spanien etwas geändert hätte? Auf dem Rasen wächst Irlands Torwart Shay Given über sich hinaus. Trotzdem schiebt David Silva zum 2:0 (40) ein. Hier wird kein David mehr den Goliath besiegen. Torres frisiert sein Selbstbewusstsein, trifft zum 3:0 (70.), der eingewechselte Fàbregas zum 4:0 (83.).

Und O’Reilly? Jubelt nur noch, als McClean eingewechselt wird. Und singt am Ende mit allen irischen Fans. Aber Irland ist draußen, das letzte Spiel gegen Italien Makulatur, vielleicht reist er ab. „Noch ein bisschen feiern in Berlin“, sagt er. Dann heim nach Dublin. „Jetzt drücke ich Deutschland die Daumen.“