Torres genießt Triumph: „Neuner“-Debatte vorbei

Danzig (dpa) - Joachim Löw bekam einiges zu sehen - eine wie im Rausch zaubernde Selección mit einem wiedererstarkten Fernando Torres in Galaform.

„Ich bin froh, dass ich von Beginn an spielen durfte und zwei Tore erzielt habe“, sagte der Stürmer mit einem glücklichen Lächeln nach dem grandiosen 4:0 (1:0)-Sieg Spaniens über die bemitleidenswerten Iren. „Es ist sehr gut, dass es heute funktioniert hat, mit einer Nummer 9 zu spielen, so wie es gegen Italien ohne Neun geklappt hat.“

Auf der Tribüne der Arena Danzig konnten die Kiebitze Löw und Hansi Flick nicht nur Torres' beeindruckendes Comeback bestaunen, sondern auch den schwindelerregenden Kombinationswirbel des Welt- und Europameisters bewundern. Der Bundestrainer und sein Assistent erhielten am Donnerstagabend eindrucksvollen Anschauungsunterricht, was ihnen - hoffentlich erst - im Finale dieser Fußball-EM erneut blühen könnte. Wien 2008 und Durban 2010 lassen grüßen.

Mit einer beeindruckenden Leistung und zwei blitzsauberen Treffern (4./70. Minute) war Torres nicht nur konkurrenzloser „Man of the match“. Der 28-Jährige beendete im zweiten Gruppenspiel des Titelverteidigers auch auf einen Schlag die nervige Dauerdebatte um die Mittelstürmerposition.

„Ich habe Torres gebracht, damit er das macht, was er getan hat“, begründete Trainer Vicente del Bosque seinen Sinneswandel. Doch trotz der beiden Treffer gab er dem EM-Helden von 2008 keine Stammplatzgarantie: „Er ist eine Alternative mehr. Dank seiner Schnelligkeit schafft er Räume.“ Aber auch Del Bosque weiß, dass bei einer Rückkehr zu einem Sechser-Mittelfeld wie gegen Italien (1:1) in Spanien ein Sturm der Entrüstung ausbrechen würde.

Die Kritik am zuvor lange glück- und torlosen Torres ist indes verstummt. Der blonde Mann mit dem Milchbubengesicht hörte nach seinem erlösenden 1:0 nur tosenden Jubel, als er - entgegen seines sonst vorbildlichen Benehmens - provokativ eine Hand ans Ohr hielt. Diese Genugtuung reichte dem Chelsea-Star. Torres weiß, dass ihn der Trainer im letzten Gruppenspiel gegen Kroatien am Montag in die Startelf stellen muss. „Wir brauchen noch einen Punkt, dann sind wir im Viertelfinale“, rechnete er zufrieden vor.

Mit einem 2:2 oder noch höheren Remis wäre Spanien sogar Gruppenerster - unabhängig von Italiens Ergebnis gegen Irland. Der absolut honorige Del Bosque bestritt jedoch ebenso energisch wie glaubhaft, dass er sich auf so einen unfairen Kuhhandel einlassen würde. „Wir sind Sportler und wollen gewinnen“, versicherte der 61-Jährige. „Die Frage nach einem 2:2 stellt sich für uns überhaupt nicht. Wir wollen gewinnen und sonst nichts.“

In Italien kursieren indes wilde Spekulationen über eine mögliche Übereinkunft der Spanier und Kroaten. Vor acht Jahren wurde die Squadra Azzurra bei der EM in Portugal Opfer eines 2:2 zwischen Dänemark und Schweden. Iren-Coach Giovanni Trapattoni, damals Mister der ausgeschiedenen Italiener, bezeichnete solche Sorgen als verständlich. „Aber ich gehe davon aus, dass die UEFA-Verantwortlichen darauf achten, dass sich so etwas nicht wiederholt“, sagte Trapattoni. Er sei sich sicher, dass es keine Absprache geben werde.

Angesichts Spaniens Extra-Klasse ist dies auch gar nicht nötig. Spielmacher Xavi und seine genialen Kollegen verpassten im Kombinationsrausch allenfalls ein Schützenfest. Es blieb bei weiteren Toren durch David Silva (49.) und Cesc Fàbregas (83.). „Heute hat man ein großes Spanien gesehen“, schwärmte Xavi. Pop-Queen Shakira warf ihrem Freund, Abwehrchef Gerard Piqué, begeistert Kusshändchen zu. Und Trapattoni legte sich nach dieser Gala fest: „Ich denke, es läuft auf Deutschland oder Spanien hinaus.“