Trauriger Abgang von Tschechen-Kapitän Rosicky
Tours (dpa) - Der Abgang des „kleinen Mozarts“ von der großen EM-Bühne war symptomatisch für die Karriere von Tomas Rosicky.
Ein letzter Geniestreich beim 2:2 gegen Kroatien, dann versagte der Körper dem inzwischen 35 Jahre alten Ballvirtuosen wieder einmal die Gefolgschaft. „Das hat mit meinen früheren Verletzungen zu tun“, sagte der ehemalige Bundesligastar von Borussia Dortmund über seine Leidensgeschichte.
Mit einem Muskelfaserriss fällt Tschechiens Kapitän für den Rest der EM aus. Am Dienstag gegen die Türkei (21.00 Uhr) muss sein Team ohne die große Identifikationsfigur die letzte Chance aufs Achtelfinale nutzen. „Jetzt müssen es eben die Jungen richten. Ich bin sicher, dass wir die Türken schlagen können“, erklärte Rosicky.
Mitspieler Pavel Kaderabek jedoch ist frustriert. „Der Ausfall schmerzt natürlich sehr. Es wird hart, Tomas zu ersetzen“, sagte der Abwehrspieler von 1899 Hoffenheim. „Natürlich sind wir mit ihm stärker als ohne ihn.“
Kapitän Rosicky will bis zum EM-Ende für die Tschechen beim Team bleiben. Die Frankreich-Reise könnte allerdings am späten Dienstag bereits vorbei sein, wenn der Europameister von 1976 gegen die Türkei verliert. „Ich bin sicher, dass es weiter geht“, befand der verletzte Kapitän jedoch.
Ob Rosicky noch einmal bei einem großen Turnier für sein Land aufläuft, ist fraglich. Im Oktober wird der ob seines schmächtigen Körpers früh „Schnitzel“ getaufte Routinier bereits 36. Schon in der abgelaufenen Saison verweigerte sein Körper mehr denn je den Dienst. Beim FC Arsenal, wo er keinen neuen Vertrag mehr erhielt, spielte er verletzungsbedingt in keinem einzigen Spiel der Premier League.
Die Entscheidung über seine Zukunft will er mit Bedacht wählen. „Ich habe vor der EM gesagt, dass ich erst nach dem Turnier in Ruhe alles analysieren und schauen will, wie es insgesamt weiter geht. Das gilt immer noch“, sagte Rosicky.
Am Freitag beim dramatischen 2:2 gegen die Kroaten hatte sich der Altstar möglicherweise ein letztes Mal in den Dienst des tschechischen Teams gestellt. Der wegen seiner Fähigkeiten am Ball auch „kleiner Mozart“ genannte Rosicky zeigte der Welt noch einmal, was in ihm steckt, wenn man ihm Raum lässt. Mit einem Geniestreich á la Franz Beckenbauer servierte Rosicky Milan Skoda den Ball per Außenrist millimetergenau auf den Kopf, der Anschluss in einem zuvor klar unterlegenen Spiel war wieder hergestellt.
„Ich hatte das Bedürfnis, etwas besonderes zu tun, weil wir schlecht gespielt haben“, sagte Rosicky: „Ich habe mich noch mehr unter Druck gesetzt und leider hart dafür bezahlt.“ Ohne Fremdeinwirkung verletzte sich Rosicky in der hektischen Schlussphase, in dem er seinem Körper mal wieder zu viel zumutete. „Wir brauchten diesen Punkt unbedingt“, meinte Rosicky, der bis zum Ende durchhielt. Trainer Pavel Vrba hatte bereits dreimal gewechselt. Der Lohn war der späte Ausgleich per Handelfmeter durch Tomas Necid.
Schon vor vier Jahren bei der EM in Polen und der Ukraine war für Rosicky nach dem zweiten Turnierspiel verletzungsbedingt Schluss. Tschechien zog damals ohne ihn noch ins Viertelfinale ein. Darauf hofft er auch jetzt. „Ich kann trotz allem sagen: Es hat sich gelohnt“, sagte Rosicky nach seinem 105. Länderspiel - es war möglicherweise sein letztes.