Türkei gegen Kroatien - Das „deutsche“ Duell
Paris (dpa) - Zum kroatischen Team bei dieser Fußball-EM gehören neun aktuelle oder ehemalige Bundesliga-Profis. Von den Spielern des Auftaktgegners Türkei sind sogar sechs in Deutschland geboren.
Wenn Kroatien und die Türkei am Sonntagnachmittag (15.00 Uhr) im Pariser Prinzenpark aufeinandertreffen, wird es also aus deutscher Sicht viele bekannte Gesichter zu sehen geben - wie sonst nur bei den Auftritten des Weltmeisters oder der mit noch mehr Bundesliga-Spielern angereisten Nachbarn Österreich und Schweiz.
„Ich freue mich riesig auf die Europameisterschaft“, sagte der türkische Mittelfeldspieler Hakan Calhanoglu von Bayer Leverkusen in einem Interview des „Kölner Stadtanzeigers“. „Wir haben eine sehr schwere Gruppe erwischt, vielleicht die schwerste des Turniers. Spanien, Kroatien und Tschechien sind super Gegner, da wird jedes Spiel eine besondere Herausforderung. Aber ich bin sicher, dass unsere Gruppengegner uns auch als unangenehm empfinden werden.“
Calhanoglu hat seinen Platz in der ersten Elf am Sonntag sicher. Die beiden anderen türkischen Bundesliga-Profis Nuri Sahin (Borussia Dortmund) und Yunus Malli (Mainz 05) werden dagegen wohl erst einmal auf der Bank sitzen. Zum 23-köpfigen Aufgebot von Trainer Fatih Terim gehören dazu noch drei Spieler, die in Deutschland aufgewachsen sind, aber in der türkischen Süper Lig spielen: Hakan Balta (Galatasaray Istanbul), Cenk Tosun und Olcay Sahan (beide Besiktas Istanbul).
Sie alle standen genau wie Mesut Özil oder Ilkay Gündogan aus dem deutschen Team irgendwann einmal vor der vielleicht schwierigsten Entscheidung ihres Lebens. Soll ich mich für das Land entscheiden, in dem ich geboren wurde? Oder für das, aus dem meine Familie stammt?
„Es war keine sportliche Entscheidung, ich habe dabei einfach auf mein Herz gehört“, erklärte Calhanoglu. „Ich bin zwar in Deutschland geboren worden, betrachte aber auch die Türkei als mein Heimatland. Wenn sich jemand für Deutschland entscheidet, dann akzeptiere ich das zu 100 Prozent. Das muss jeder mit sich selbst abmachen.“
Was das kroatische Team angeht, haben die deutschen Fans durchaus gespaltene Erinnerungen an die vielen bekannten Gesichter. Verteidiger Gordon Schildenfeld etwa war in der Saison 2011/12 selbst für den damaligen Zweitligisten Eintracht Frankfurt zu schlecht. Gleich drei verschiedene Nationaltrainer haben den mittlerweile für Dinamo Zagreb spielenden Routinier seitdem aber immer wieder unverdrossen für jedes große Turnier nominiert.
Die großen Hoffnungen der Kroaten bei dieser EM ruhen allerdings auf ganz anderen Namen: Ivan Rakitic (FC Barcelona/früher Schalke 04), Mario Mandzukic (Juventus Turin/früher Bayern München) oder Ivan Perisic (Inter Mailand/früher VfL Wolfsburg). „Wir glauben an uns und wir haben eine gute Kombination aus erfahrenen und jungen Spielern, die fast alle bei großen Clubs in Europa spielen“, sagte Rakitic am Freitag. „Die Zeit ist gekommen, dass Kroatien bei einer Europameisterschaft endlich ein bedeutendes Ergebnis erreicht.“
Die Ausgangslage ist für Kroaten wie Türken gleich: Titelverteidiger Spanien gilt in dieser Gruppe als Favorit, Tschechien eher als Außenseiter. Wer am Sonntag in Paris gewinnt, hat damit schon einmal einen großen Schritt Richtung K.o.-Runde gemacht.