Ungarn „Nationalheld“ Storck redet schon von der WM

Toulouse (dpa) - Je länger die 0:4-Klatsche gegen Belgien zurücklag, desto entspannter wirkte Bernd Storck. Als der Bus der ungarischen Mannschaft die Fußball-EM verließ saß der Trainer aus Herne in der ersten Reihe mit Blick auf sein Handy.

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Die fröhlichen Fans, die trotz der Lehrstunde winkten und Fahnen schwenkten, nahm er gar nicht mehr wahr. Der Fußballlehrer aus dem Ruhrpott schien mit seinen Gedanken schon viel weiter. Storck will weitermachen. Obwohl er sich mit seinem ersten EM-Engagement auch für größere Aufgaben interessant gemacht hat.

Der in der Bundesliga nur als Co-Trainer von Jürgen Röber bekannte Coach plant schon weiter und fordert eine „Professionalisierung“ des ungarischen Club-Fußballs: „Wir haben mit der Nationalmannschaft ein gutes Beispiel gegeben.“

Die Enttäuschung war bei Storck schnell gewichen. „Das Team hat die Vergangenheit abgelegt“, stellte der Deutsche in Anspielung auf die große Zeit des ungarischen Fußballs in den 1950er Jahren fest. Storck hat ungeachtet der herben Niederlage noch einiges vor. „Wir können jetzt gut in die Zukunft schauen“, sagte der 53-Jährige. Die WM-Qualifikation sei „das nächstes Ziel. Mit dieser Mannschaft kann man noch viel erreichen.“ In einer Gruppe mit Portugal und der Schweiz als Top-Gegner scheint das nicht unmöglich.

Die derzeitigen Grenzen waren seinen Schützlingen zuvor von den Belgiern aufgezeigt worden. Storcks Mannschaft konnte froh sein, dass die Belgier nicht doppelt so oft trafen und nur zu Toren durch Toby Alderweireld (10. Minute), Michy Batshuayi (78.), Eden Hazard (79.) und Yannick Carrasco (90.+1) kamen.

Die Budapester Zeitung „Pecsi Ujsag“ titelte dennoch: „Es war schön, Jungs!“ Und das regierungsnahe Blatt „Magyar Idök“ schrieb: „Trotz der Niederlage können wir erhobenen Hauptes von der EM nach Hause kommen.“ Ein ungarischer Journalist schwärmte in Toulouse sogar über Storck: „Er ist unser Nationalheld. Ohne ihn wären wir ein niemand.“

Der Coach aus Herne, der in der neuen Ära der Konzepttrainer ein wenig aus Zeit gefallen wirkt, hat in der Tat Unerwartetes erreicht. Er hat mit einfachen Fußballmitteln und -weisheiten eine Ansammlung von international unbekannten und in der Bundesliga unerwünschten Spielern zunächst zur EM und dann in Frankreich ungeschlagen ins Achtelfinale geführt. „Es hat nicht sollen sein“, beschrieb Storck mit westfälischen Akzent das Ende des französischen Traums: „Mit dem 2:0 für Belgien war die Messe gelesen.“

Gemeinsam mit Assistent Andreas Möller und Torwarttrainer Holger Gehrke hat Storck die auch daheim bisher eher belächelten Spieler zu einer Mannschaft geformt. Individuell reicht es bei keinem für ein Engagement bei einem europäischen Topclub, nur als Gemeinschaft geht mehr. Im Vergleich zu Belgiens Hochbegabten wurde das besonders eklatant. Dennoch dürften sich die jüngeren Spieler im Kader für neue Clubs interessant gemacht haben.

Der 40 Jahre alte Torwart-Oldie Gabor Kiraly verhinderte mit zahlreichen Glanztaten Schlimmeres und sagte danach unter Tränen im ungarischen Fernsehen: „Es ist trotzdem ein sehr positives Resultat für den ungarischen Fußball.“ Der ehemalige Bundesliga-Keeper, der auf seine alten Tage erstmals zu einer EM fahren durfte, befand: „Alle haben hinter uns gestanden.“ Auch Kiraly forderte: „Wir müssen so weiter machen.“