BVB untermauert Favoritenstatus - Sahin genießt Comeback
Dortmund (dpa) - Nuri Sahin war sichtlich bewegt. Den Interview-Marathon im Anschluss an das 2:0 (1:0) in der Europa League gegen den FC Porto meisterte das einstige Dortmunder Sorgenkind mit einem Dauerlächeln.
Der mutige Entschluss seines Trainers, ihn nach 355 Tagen ohne Spielpraxis gleich in die Startelf zu beordern, kam auch für den türkischen Nationalspieler völlig überraschend. Nur gut, dass zumindest seine Frau Tugba bei der morgendlichen Abfahrt ihres Mannes eine Vorahnung hatte. „Ich kam mit Privatklamotten zum Clubgelände und hatte gar keine Sachen dabei. Aber sie hatte mir meine Tasche in den Kofferraum gestellt“, verriet Sahin.
Schon beim Einlaufen in das Stadion übermannten ihn Glücksgefühle. „Es war unbeschreiblich“, schwärmte der von einer langfristigen Leistenverletzung genesene Regisseur, „ich hatte mir vorgenommen, wie ein kleines Kind alles aufzusaugen.“ Nicht minder emotional ging es bei seiner von Ovationen begleiteten Auswechslung in der 57. Minute zu. Mit leuchtenden Augen kommentierte Sahin sein überraschendes Comeback: „Der Trainer hatte eine Idee - und die ist aufgegangen.“
Obwohl der Edeltechniker ein Jahr lang keine Minute auf dem Platz gestanden hatte, fügte er sich nahtlos ein und stahl selbst den Torschützen Lukasz Piszczek (6.) und Marco Reus (71.) die Show. „Das war eine großartige Leistung“, lobte Tuchel. Die bemerkenswerte Vorstellung von Sahin kam für den Coach wenig überraschend: „Wir konnten ihn nicht mehr zurückhalten. Er brennt seit Wochen darauf zu spielen. Er trainiert fantastisch - Einheit für Einheit.“
Schon vor knapp einem Monat hatte sich Tuchel als großer Sahin-Fan geoutet: „Er wird für uns noch herausragend wichtig werden.“ Eine ähnlich hohe Wertschätzung genießt der einstige Profi von Real Madrid auch im Mannschaftskreis. „Er hat das Zepter sofort in die Hand genommen“, urteilte Nebenmann Julian Weigl.
Die Rückkehr von Sahin in den Kader kommt gerade zur rechten Zeit. Schließlich stehen in den nächsten zwei Wochen neben dem Rückspiel in Porto die Bundesliga-Spitzenspiele beim Tabellen-3. Leverkusen und gegen Spitzenreiter FC Bayern an. Mats Hummels hofft, dass der BVB seine Rückrundenbilanz mit fünf Siegen und einem Remis schon am Sonntag (15.30 Uhr) im Duell mit Bayer weiter aufbessert: „Vielleicht ist der Kräfteverschleiß bei Leverkusen etwas größer“, sagte der Weltmeister. Anders als der BVB hatte Bayer sein Hinspiel in der Europa League nicht daheim, sondern auswärts bei Sporting Lissabon (1:0) bestritten.
Vor der zweiten Partie gegen Porto wähnen sich die Dortmunder in einer komfortablen Ausgangslage. „Das 2:0 ist ein Ergebnis, wie man es sich wünscht“, sagte Hummels. Gleichwohl schwor der Kapitän seine Kollegen auf eine neuerliche Reifeprüfung ein: „Wir wissen, dass wir noch lange nicht durch sind. Porto wird vor eigenem Publikum mutiger auftreten.“
Nach einer eher durchwachsenen Gruppenphase mit zuletzt zwei Niederlagen gegen Krasnodar (0:1) und Saloniki (0:1) deutete der BVB erstmals an, warum er von einigen Experten als Mitfavorit gehandelt wird. Neuerdings kann die Dortmunder Torfabrik sogar auch Defensive. In vier der letzten fünf Pflichtspielen stand am Ende die Null. Das ist im Vergleich zur Hinrunde, in der die Borussia immerhin 23 Gegentore kassierte, ein bemerkenswerter Fortschritt. „Ich bin darüber sehr glücklich. Wir haben Dinge in der Balance verändert“, sagte Trainer Tuchel.