Europa League Hertha im Abwärts-„Karussell“: Gründe für die Krise

Lwiw (dpa) - Krise, welche Krise? Das böse K-Wort schob Pal Dardai nach der verspäteten Rückkehr aus der Ukraine vom nächsten bitteren Rückschlag in der Europa League weit von sich.

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„Davon spüre ich nichts“, sagte der Ungar vor dem Liga-Auftritt beim SC Freiburg am Sonntag knurrig. „Wenn wir jetzt dreimal verlieren, dann können wir von einer Krise reden.“

Durch das 1:2 gegen Sorja Luhansk gehen die Berliner aber mit der Bürde von nur einem Sieg aus den vergangenen zehn Partien in die Duelle in drei Wettbewerben vor der Länderspielpause. So muss Dardai sein Team durch die erste längere Misere seit seinem Amtszeitbeginn im Februar 2015 manövrieren. „Wir haben uns selber reingeschoben in ein Karussell, aus dem wir jetzt wieder rauskommen müssen“, betonte der Trainer - und schraubte die Erwartungen für den Auftritt im Breisgau herunter. „Für das nächste Auswärtsspiel werde ich nicht den Sieg als Ziel für die Mannschaft setzen, sondern einen Punkt.“

Auch die verspätete Heimreise trug nicht zu einer verbesserten Stimmung bei. Wegen Nebels am Flugplatz Schönhagen in Brandenburg südlich von Berlin wurde der direkt nach dem Spiel geplante Rückflug aus Lwiw auf Freitagvormittag verschoben, das Team landete gegen 11.15 Uhr in der Heimat. „Wir müssen das abschütteln“, forderte Torschütze Davie Selke, die schwarze Kappe tief ins Gesicht gezogen, angesichts des Negativtrends. „Dann wollen wir in Freiburg die Reaktion zeigen, die wir eigentlich in der Ukraine zeigen wollten.“

Im Breisgau, gegen Hamburg und in Wolfsburg steht Hertha bis Anfang November vor richtungsweisenden Liga-Duellen, muss gegen Köln den Traum vom Pokalfinale am Leben halten und gegen Luhansk die Minimalchance auf das internationale Weiterkommen wahren. Die wichtigsten Gründe für die aktuelle Misere der Berliner:

DIE TORFLAUTE: Auch wenn Selke sein Tor-Debüt für Hertha feierte, bleibt die Bilanz mit elf Treffern aus zwölf Pflichtspielen mau. Die Gefahr besteht, dass sich die Hemmung in den Köpfen festsetzt. „Wir reden seit Wochen davon, dass wir das brauchen: diese Geilheit aufs Tor, dass wir cool sind vor dem Tor“, analysierte der österreichische Nationalspieler Valentino Lazaro. „Man muss sich intensiv zusammensetzen, dass diese Leichtigkeit vor dem Tor wiederkommt.“

DIE DREIFACHBELASTUNG: Das drohende Aus führte Dardai zur Frage, ob sein Team „überhaupt reif“ für Europa ist. Zwar rotiert der Coach das Personal wegen der ungewohnten Belastung durch, derzeit fehlt Hertha aber die geistige und körperliche Frische. „Ich sehe nicht, dass das ein Kräfteproblem ist“, sagte Geschäftsführer Michael Preetz dennoch. „Das ist ein Erfahrungswert, den wir machen.“

DIE AUSFÄLLE: Offensiv kommen Selke und Lazaro nach Verletzungen erst langsam in Schwung, sind noch nicht in Topform. „Ich brauche noch ein bisschen Zeit“, betonte Selke, der gegen Freiburg als Joker eingeplant ist. Durch den Ausfall von Sebastian Langkamp müssen Niklas Stark und Karim Rekik in der Innenverteidigung durchspielen.

DAS FORMTIEF: Nicht nur Vladimir Darida, Vedad Ibisevic oder Mitchell Weiser - die Leistungsträger der starken vergangenen Saison hängen aus unterschiedlichen Gründen durch. Diese Entwicklung soll nun gestoppt werden. „Diese Spiele, in denen wir eigentlich der Bessere sind, können die Arbeit des gesamten letzten Jahres ruinieren. Wir müssen aus diesem Loch rauskommen“, betonte Lazaro.