Europa League Hertha sucht „Leichtigkeit“ - Spieler: Kniefall kein PR-Gag

Lwiw (dpa) - Nach dem weltweiten Wirbel um den Kniefall-Protest muss Hertha BSC international nun wieder positive sportliche Schlagzeilen schreiben.

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Beim richtungsweisenden Auftritt gegen Sorja Luhansk stehen die Berliner schon mächtig unter Druck - und wollen in der West-Ukraine die deutsche Europa-League-Misere beenden. „Es gibt keine Gefahr, sie zu unterschätzen“, betonte Neuzugang Valentino Lazaro vor dem Duell mit dem Tabellensiebten der ukrainischen Premier Liga am Donnerstag (19.00 Uhr) in Lwiw. „Der Name eines Teams sagt nichts aus. Es ist ein sehr, sehr ernstzunehmender Gegner.“

Dabei will sich das Team von Trainer Pal Dardai auch von öffentlicher Kritik an seiner Aktion vor dem 0:2 in der Bundesliga gegen Schalke 04 nicht negativ beeinflussen lassen. Aus sozialen Netzwerken und in Kommentaren erhielt Hertha für die Reminiszenz an amerikanische Sportler, die mit dem Hinknien unter anderen gegen Polizeigewalt protestieren, den Vorwurf der Effekthascherei. „Die Leute, die das sagen, haben nicht so viel Ahnung von dem Thema“, sagte Lazaro in der Vorbereitung auf das Spiel gegen Luhansk. „Wir lassen diese PR-Gag-Aussagen an uns abprallen. Wir wissen, wofür es stehen soll.“

Auch der Ivorer Salomon Kalou nutzte erneut deutliche Worte für seinen Einsatz gegen Rassismus. „Für mich ist es wie Terrorismus. Entweder bist du dagegen oder dafür“, erklärte der Stürmer und entgegnete den Kniefall-Kritikern: „Wenn du nichts dagegen tust, kritisiere nicht die Menschen, die etwas unternehmen.“

In der West-Ukraine, wo der Club aus dem Kohlerevier Donbass antritt, steht für den Hauptstadtclub nun wieder etwas anderes im Fokus. „Wir müssen drei Punkte holen“, formulierte Kalou den Anspruch. Mit nur einem Zähler aus zwei Partien droht Hertha wie auch den punktlosen Köln und Hoffenheim das frühe internationale Aus.

Dabei muss im Aufeinandertreffen mit dem einstigen sowjetischen Meister auch die bislang schwache Offensive in Schwung kommen, nur zehn Tore in elf Pflichtspielen sind zu wenig für die Ansprüche. „Vielleicht muss ich die Tore im Training wegnehmen. Dann sind sie noch gieriger und wollen unbedingt treffen, wenn sie im Spiel ein Tor sehen“, scherzte Dardai über Maßnahmen, um die Flaute zu beenden.

Dafür darf zumindest Kapitän Vedad Ibisevic auf seine Rückkehr in die Startelf hoffen, der Stürmer musste zuletzt in der Liga rotgesperrt zusehen und laborierte zu Beginn der Woche noch an einer Sprunggelenksverletzung. Auch der Bosnier blieb bei nur einem Pflichtspieltreffer bislang deutlich hinter den Erwartungen. „Wenn wir es mal schaffen, ein, zwei Dinger über die Linie zu drücken, kommt die Leichtigkeit zurück, dann werden wieder mehr Spieler geil aufs Tor“, sagte Lazaro zum erhofften Erfolgsrezept. „Dann macht das Toreschießen wieder mehr Spaß.“

Freude kommt auch für den ukrainischen Gastgeber bei Heimspielen derzeit selten auf. Wegen des Krieges zwischen ukrainischen Regierungstruppen und von Russland unterstützten Separatisten muss Luhansk für seine Spiele seit Jahren Asyl in anderen ukrainischen Städten suchen. 1100 Kilometer fern der Heimat darf Sorja derzeit nur auf wenig Unterstützung von Fans hoffen. Fußball ohne Politik - das scheint derzeit bei der Hertha unmöglich.