Pfiff des Jahres: Schalke enttäuscht und wütend

Enschede (dpa) - Horst Heldt ist eigentlich ein ruhiger, höflicher und besonnener Zeitgenosse mit pfiffigem Humor. Doch nach der krassen Fehlentscheidung, die den FC Schalke 04 beim Achtelfinal-Hinspiel eine bessere Ausgangsposition für das Rückspiel kostete, platzte dem Manager der Kragen.

In einem verbalen Rundumschlag kritisierte der 42-Jährige nicht nur das schottische Schiedsrichtergespann um Craig Thomson, sondern attackierte nach dem 0:1 beim FC Twente Enschede auch die Offiziellen des Europäischen Fußball-Verbandes UEFA und die Regelhüter des Weltverbandes FIFA.

„Das ist eine so gravierende Fehlentscheidung. Ich verstehe das Ganze auch nicht mehr, was diese Pappnasen da entscheiden. Und dann sagen sie, tut uns leid, Tatsachenentscheidung. Da krieg ich das Kotzen, da krieg ich die Krätze“, wetterte Heldt am Donnerstag in den Katakomben des Stadions De Grolsch Veste. Den Unparteiischen warf er „Arroganz“ vor. „Wie die dann auftreten! Die haben einen Fehler gemacht, dann sollen sie auch zu dem Fehler stehen.“

Der für die EM vorgesehene Referee Thomson hatte sich nach der Schlüsselszene in der 60. Minute mit seinem Assistenten an der Linie beraten. Auch der Torrichter hatte offenbar nicht gesehen, was den 30 000 Fans selbst aus der Entfernung schwante - und die TV-Bilder belegten: Twente-Stürmer Luuk de Jong war verfolgt von Joel Matip auf das Schalke-Tor zugestürmt, ehe er vor der Strafraumlinie mit dem rechten Fuß in seine linke Ferse trat, strauchelte - und stürzte.

„Jeder sieht, dass er über seine eigenen Beine fällt. Es gibt noch einen Torrichter. Ich weiß gar nicht, was der macht. Das ist wohl Beschäftigungstherapie. Es macht keinen Spaß, wenn man so Amateure am Rand stehen hat“, giftete Heldt.

Auch Trainer Huub Stevens war nach dem Ende der Serie von neun Europacuppartien ohne Niederlage bedient. „Es war der Pfiff des Tages, des Jahres. Lächerlich“, so der 58-Jährige. Doch nach erster Erregung hatte sich der knurrige Niederländer aber auf wundersame Weise wieder im Griff, nahm den vierten Offiziellen auf dem Rasen in den Arm und scherzte in der Pressekonferenz: „Ich bin wütend auf alle, die ganze Welt.“ Nachdem Stevens zunächst einen holländischen Journalisten abgekanzelt hatte („Ich spreche hier nur deutsch“), sorgte er für einen weiteren Lacher: „Wenn die Deutschen die Schwalben erfunden haben, haben die Niederländer sie gut kopiert.“

Stevens tat es leid für „die Jungens“, die um den Lohn der Arbeit gebracht worden seien. „Sie haben gekämpft und noch mit zehn Leuten versucht, nach vorn zu spielen.“ Matip, der de Jong im Laufduell nicht berührt hatte, verstand die Welt nicht mehr, als er die Rote Karte sah und der „Gefoulte“ den Strafstoß auch noch selbst ins Tor drosch. „Es reicht für heute. Ich bin bedient genug“, sagte der mindestens für das Rückspiel gesperrte Innenverteidiger und stiefelte angesäuert von dannen.

Zwar legte Schalke Einspruch gegen die automatisch folgende Sperre für Matip ein. Die Erfolgsaussichten sind aber gleich null, weil es sich um eine Tatsachenentscheidung des Unparteiischen handelt. Somit dürfte Matip beim Rückspiel in Gelsenkirchen nur zuschauen. „Da haben wir keine Handhabe, das zieht automatisch eine Sperre für ein Spiel nach sich“, sagte ein UEFA-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa.

„Wir sind alle brutal heiß, weil wir nicht durch so eine Fehlentscheidung ausscheiden wollen“, betonte Torhüter Timo Hildebrand. Lewis Holtby hofft auf höhere Mächte: „Es gibt einen lieben Gott, der uns im Rückspiel vielleicht auch so einen Engel schickt.“

Heldt wollte sich hingegen nicht mehr beruhigen. In den Regelkommissionen säßen „irgendwelche Leute in dicken Sesseln“, die sich „permanent Gedanken“ machten, wie man was reformieren könnte. Doch was Vernünftiges käme bei den „Heinis“ nicht heraus. Was nützte der fünfte oder sechste Schiedsrichter? „Die sollen zu Hause bleiben mit so einem Scheiß, den sie da installieren.“ Ob Heldts Kritik ein Nachspiel hat, ist noch offen. „Bis jetzt haben wir keinen Bericht erhalten, der uns veranlasst, tätig zu werden“, so der UEFA-Sprecher.