Europa League-Pleite Schalke hat ein Mentalitätsproblem
0:2 im Viertelfinal-Hinspiel in der Europa League bei Ajax Amsterdam hinterlässt tiefe Spuren bei Fans und Beteiligten.
Amsterdam. Als sich die Spieler des FC Schalke 04 auf den Weg zu ihren rund 2800 Anhängern machten, die in der Amsterdam-Arena knapp unter dem Dach untergebracht waren, schallten ihnen Pfiffe und Gesten entgegen, die jenseits aller Regeln der guten Kinderstube waren. Die Spieler beendeten den Versuch der Kontaktaufnahme dann auch wieder sehr schnell und zogen sich in die Katakomben des Stadions zurück. Das Zustandekommen des 0:2 im Viertelfinal-Hinspiel in der Europa League bei Ajax Amsterdam hatte tiefe Spuren bei allen Königsblauen — sowohl Fans als auch Beteiligten - hinterlassen.
„Eigentlich hätten wir noch höher verlieren müssen“, räumte Kapitän Benedikt Höwedes später unverblümt ein. Widerspruch erntete er dafür keinen. Derart chancen- und planlos hatte man die Schalker in dieser Achterbahn-Saison noch nicht gesehen. Sie hatten zwar schon einige schlechte Spiele in der Bundesliga mit verdienten Niederlagen verkraften müssen. Diese Pleite gegen das Ajax-Team, dessen Altersdurchschnitt bei lediglich 22 Jahren lag, war allerdings der Saison-Tiefpunkt. „Wir hatten schon beim Aufwärmen nicht die Körpersprache, die heute verlangt wurde“, erkannte Höwedes und stellte damit auch die grundsätzliche Einstellung seiner Kollegen infrage. Aber auch das war keine ganz neue Erkenntnis, nur in ihrer Ausprägung war sie ungewöhnlich deutlich.
Die Mannschaft von Trainer Markus Weinzierl leidet bereits seit Saisonbeginn unter einem Mentalitätsproblem, das in der niederländischen Metropole so offen zutage trat wie bisher nie zuvor. Auch die von Schalke-Manager Christian Heidel verpflichteten Spieler wie Benjamin Stambouli oder Daniel Caligiuri sind offenbar nicht (mehr) in der Lage, auf diesem internationalen Niveau auf Augenhöhe zu agieren. Die Schalker stecken im biederen Durchschnitt fest. „Ajax war uns in allen Belangen überlegen. Das Beste an diesem Tag war, dass wir nur mit einem 0:2 die Heimreise antreten müssen“, räumte Heidel ein. Torhüter Ralf Fährmann („Wir haben einfach nicht ins Spiel gefunden“) hatte sein Team mit elf teilweise spektakulären Paraden (Rekord in diesem Wettbewerb) vor einer noch höheren Niederlage bewahrt.
Der Schalker Manager hatte aber noch einen kurios anmutenden Vergleich parat, um die peinliche Pleite zu relativieren. „Amsterdam ist eine Top-Mannschaft. Ein Viertelfinale in der Europa League ist halt noch einmal eine andere Stufe als Borussia Mönchengladbach im Achtelfinale“, sagte Heidel und stellte dem Champions-League-Teilnehmer vom Niederrhein nicht gerade ein gutes Zeugnis aus. In Anbetracht der Tatsache, dass das Schalker Erreichen der nächsten Runde beim Spiel in Gladbach eher unter glücklichen Umständen (kurioser Platzfehler, umstrittener Hand-Elfmeter) zustande kam, ein untaugliches Heidel'sches Ablenkungsmanöver. Die Schalker haben sich trotz dieses desolaten Auftritts in Amsterdam die Chance erhalten, das Halbfinale am kommenden Donnerstag noch zu erreichen.“Es ist erst Halbzeit, wir haben nochmal 90 Minuten Zeit, das Spiel zu drehen“, sagte Fährmann mit dem Brustton der Überzeugung.
Davor muss der Ruhrgebietsklub am Sonntag aber erstmal bei Darmstadt 98 in der Bundesliga antreten. „Ich wüsste nicht, warum wir dort nicht wieder besser spielen sollten“, sagte Heidel. Zumindest die Zuversicht haben sie in Gelsenkirchen noch nicht verloren. Allerdings muss Schalke womöglich auf Benedikt Höwedes verzichten. Der Kapitän musste gestern wegen Wadenproblemen mit dem Training aussetzen. „Das trifft uns knüppeldick. Wir müssen abwarten, wer am Sonntag einsatzfähig ist“, sagte Trainer Markus Weinzierl. In Amsterdam war bereits Sead Kolasinac ausgefallen. Der Außenverteidiger klagte nach dem Warmmachen über Adduktoren-Probleme und wurde durch Dennis Aogo ersetzt. Ob Kolasinac am Sonntag spielen kann, ist fraglich. In Darmstadt ist zudem Abwehrspieler Matija Nastasic gesperrt.