„Super Frank“ Lampard will keine Almosen bei Chelsea
London (dpa) - Der vereinseigene Sender Chelsea-TV bezeichnete Frank Lampard dieser Tage als „ehemaligen Blues-Mittelfeldspieler“. Hoppla, ein Freud'scher Versprecher?!
Gut möglich, dass der Zwangsabschied des fast 35-Jährigen schon feststeht. Und dass der Europa-League-Triumph nicht nur Chelseas letzte Titelchance in dieser Saison ist, sondern auch Lampards letzte Gelegenheit auf eine Trophäe mit seinen Blues.
Der Musterprofi murrt nicht wegen seiner Vertragssituation. „Super Frank“ trifft und trifft stattdessen und könnte im Halbfinal-Rückspiel gegen den FC Basel am Donnerstag den Blues-Torrekord von Bobby Tambling knacken. Zu den 202 fehlt Lampard nur noch ein Treffer. Nur deswegen zum Einsatz kommen will er nach dem 2:1 im Hinspiel aber nicht. Er sei ja kein „wohltätiger Zweck“.
Almosen wären für einen wie Chelseas Club-Ikone am Donnerstagabend an der Stamford Bridge total unangebracht. Fußball-Gentleman Tambling (71), der heute im Rollstuhl sitzt, sah am vorigen Wochenende Lampards 201. Tor live an der Bridge und schwärmte nach einem Treffen mit „Lamps“: „Ich bin dankbar, dass ich der Rekordhalter sein durfte. Das war herrlich, aber am Ende weißt du, dass jemand anderes vorbeikommen wird - so sollte es sein, und wen könnte ich mir mehr wünschen als Frank Lampard?“
Der Mittelfeld-Dauerbrenner verkörpert Chelsea wie sonst im Kader nur noch sein Freund John Terry. Aber er scheint noch mehr das Herzstück des Club: ein wahres Vorbild, laut Chelsea mit einem IQ von 150, Englands einziger Fußball-Nationalspieler, der auf einer Privatschule war und mit einem Latein-Einser abschloss.
Doch seit der Vorsaison unter Jungstar-Trainer André Villas-Boas landet Chelseas einst unantastbares Duo Lampard und Terry (32) immer öfter auf der Bank. Die Rädelsführer der „mächtigsten Umkleidekabine der Welt“ stehen dem Generationswechsel im Weg. Der rotationswütige Rafael Benítez betonte zwar, Fan-Liebling Lampard sei „eine Legende“, aber das klang nach Lippenbekenntnis. Und letztlich hat der Interimscoach wohl kaum Mitspracherecht bei einer möglichen Vertragsverlängerung. Dabei hegt und pflegt Lampard seinen Körper, hat dem Fast-Food aus seiner West-Ham-Zeit längst abgeschworen. Wäre es nicht eine Sünde, einem derart verdienten Profi keinen neuen Kontrakt zu geben? Immerhin ist Ryan Giggs fünf Jahre älter, und Manchester United hat jüngst feierlich mit ihm verlängert.
Der rhetorisch gewandte, smarte Lampard meldete sich kürzlich zu Wort und forderte mehr Kontinuität auf dem Trainerstuhl der Blues. Nebenbei pries er seinen mit Real Madrid an Borussia Dortmund gescheiterten alten Mentor José Mourinho als einen „fantastischen Trainer“. Nach Mourinhos abermaliger Liebeserklärung gen Chelsea („Ich weiß, dass ich in England geliebt werde - besonders von einem Club.“) schießen die Spekulationen in England natürlich ins Kraut. „The Independent“ will erfahren haben, dass Chelsea Lampard nun doch noch einen Einjahresvertrag geben will. Und der neue alte Blues-Coach Mourinho werde dies womöglich auf seiner ersten Pressekonferenz verkünden - als Antrittsgeschenk für die Fans.