Zieglers dritte Chance: Keeper winkt Stammplatz

Stuttgart (dpa) - Mit 34 soll es endlich klappen: Die meisten Fußballprofis hängen in dem Alter die Kickstiefel an den Nagel, aber Keeper Marc Ziegler eröffnet sich jetzt beim VfB Stuttgart die Riesenchance auf einen Stammplatz.

„Wir setzen auf seine Sicherheit, Erfahrung und Ruhe“, begründete Trainer Bruno Labbadia den längst erwarteten Torhüter-Tausch vor dem Zwischenrunden-Rückspiel in der Europa League gegen Benfica Lissabon.

Zielstrebig und zäh hat Ziegler auf diesen Moment hingearbeitet. Ihm war klar, dass er nur im Fall einer Schwächephase von Sven Ulreich den zwölf Jahre jüngeren Rivalen verdrängen könnte. Die Verantwortlichen des Tabellenvorletzten wollen mit dem Wechsel auf der neuralgischen Position im Abstiegskampf neue Akzente setzen.

Labbadia versicherte zwar, dass „Ulle nicht der Alleinschuldige“ an den 47 und damit zu vielen Gegentreffern sei. Aber der Coach verspricht sich von dem viel Ruhe ausstrahlenden Routinier mehr Souveränität in der Strafraumbeherrschung und eine positive Wirkung auf seine verunsicherten Vorderleute in der Verteidigung.

Ziegler selbst schwieg zu seiner Beförderung bislang eisern. „Nach dem Lissabon-Spiel bin ich bereit, mich zu äußern“, bat er um Verständnis. Der dreifache Familienvater aus Blieskastel hat sich in seiner über 17 Jahre langen Profikarriere nie künstlich in den Vordergrund gespielt. Im Gegensatz zu den extrovertierten Kahns und Lehmanns zählt der Saarländer zu den ruhigen Vertretern seiner Zunft.

Mit seinen soliden Fähigkeiten und seinem vorbildlichen Verhalten ist Ziegler eigentlich die ideale Nummer 2. Egal ob die letzten drei Jahre bei Borussia Dortmund, während seiner ersten Profistation in Stuttgart (1993 bis 1999), bei Arminia Bielefeld, beim 1. FC Saarbrücken oder bei Hannover 96: Ziegler war - von zwei Ausnahmen abgesehen - bei seinen Clubs fast immer Ersatz.

Nur beim VfB vertraute der damalige Trainer Rolf Fringer 1995 dem Talent. Aber weil die Schwaben mit dem Jungspund die zweitmeisten Gegentore in der Liga kassierten, musste Ziegler im folgenden Jahr Franz Wohlfahrt weichen. In Hannover konnte sich der 1,92 Meter große Keeper ebenfalls nur eine Saison lang als Stammkeeper halten.

Selbst bei seinen drei Auslandsengagements schaffte Ziegler nur in Innsbruck den Durchbruch: Mit dem FC Tirol gewann er zweimal hintereinander die Meisterschaft. Zudem stellte er mit 1085 Minuten ohne Gegentor einen heute noch gültigen Rekord in der österreichischen Bundesliga auf. Zuvor bei Bursaspor und danach bei Austria Wien reichte es wieder meist nur für die Reservebank.

Auch bei seiner Rückkehr nach Stuttgart war eigentlich die Bank für Ziegler reserviert. „Marc hat sich immer sehr fair verhalten“, lobte Labbadia den bisherigen Ersatzmann. Nach dem Karriereende von Jens Lehmann hatte der VfB in dieser Saison bewusst seinen früheren Keeper von Dortmund für etwa 500 000 Euro bis Juni 2013 verpflichtet, um für den Ernstfall eine verlässliche Alternative zu haben. Dieser Ernstfall ist nun eingetreten. Ziegler hofft, dass er seine dritte und wahrscheinlich letzte Chance nutzen kann.