Ewiger Löw wieder Masterplaner: „Nonplusultra“

Kaiserslautern (dpa) - Die Lust und die Entschlossenheit haben Joachim Löw wieder gepackt. Es scheint kaum vorstellbar, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft tatsächlich einmal ohne den smarten Freiburger weiterspielen könnte.

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„Dieser Job hat mir von Anfang an Spaß gemacht. Wir haben einiges entwickelt. Auch nach der WM habe ich gespürt, dass ich weiterhin die Begeisterung, die Leidenschaft und diesen Enthusiasmus habe, das vielleicht noch mal zu bestätigen“, sagte Löw zum Auftakt des Länderspiel-Jahres acht Monate nach dem historischen Triumph von Rio de Janeiro.

Aus dem Turniertrainer Löw, der im vergangenen Sommer in Südtirol und an der brasilianischen Atlantikküste die Weltmeister 2014 formte, ist wieder der Stratege geworden, der Masterplaner. „Wir waren leistungsmäßig auf höchstem Niveau, das ist jetzt nicht der Fall“, erklärte der 55-Jährige vor dem Testspiel in Kaiserslautern gegen Australien. Sein Credo: Der Spitzenfußball verändert sich ständig, also muss sich auch das deutsche Spitzenteam verändern. „Personell wird sich einiges ändern, taktisch werden wir einiges testen, wir werden einiges verwerfen, anderes beibehalten“, kündigte Löw an.

Der Mann fühlt sich spürbar wohl als oberster Fußball-Lehrer des Landes. Wenn Löw wie in dieser Woche aus der Versenkung auftaucht und die Lage der Fußballnation erläutert, klingen seine Worte wie kleine Gesetze. „Wir müssen jetzt Veränderungen vornehmen, das ist unheimlich wichtig“, verkündete Löw. Da spielt auch kaum eine Rolle, dass er einen konkreten neuen Masterplan noch nicht vorlegen kann. „Nur Veränderungen bringen Fortschritt, einen Stillstand darf es nicht geben. Dann geht es wieder nach unten.“ Die Fans und auch seine Stars nicken.

Mit dem WM-Titelgewinn als erste europäische Mannschaft im fußballverrückten Südamerika hat Löw einen Unantastbar-Status erworben, den er genießt. „Wir sind den letzten Schritt gegangen“, bemerkte er stolz. Er könnte auch sagen: Wir haben die Zweifel besiegt, dies mit einem Bundestrainer Löw nie zu schaffen. „Ich bin jetzt seit über zehn Jahren beim DFB. Das macht mir schon auch wahnsinnig viel Spaß, weil man da auch etwas erreichen kann, was man als Vereinstrainer nicht erreichen kann, nämlich Weltmeister zu werden. Das ist für jeden, der im Fußball arbeitet, das Nonplusultra.“

Eher als symbolischen Akt hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) jüngst den Kontrakt mit dem ewigen Löw frühzeitig bis zur WM 2018 in Russland ausgedehnt. Seit 2006 ist er nun schon Bundestrainer. Temporäre Probleme wie aktuell Platz drei in der EM-Qualifikation werden eher im Kleingedruckten behandelt. „Wir sind total ruhig und zuversichtlich. Das Zeichen dafür war auch die Verlängerung mit Joachim Löw, dass wir den Weg gemeinsam weitergehen“, sagte Wolfgang Niersbach. Der Verbandschef macht gar nicht erst einen Hehl daraus, ein großer Jogi-Löw-Fan zu sein.

Das Australien-Match geht als 119. Länderspiel in Löws Statistik als Bundestrainer ein. Nur Sepp Herberger (168) und Helmut Schön (139), beide auch Weltmeister-Trainer, haben mehr. Wenn der Däne Morten Olsen wie angekündigt 2016 Schluss macht, wäre Löw der dienstälteste Nationalcoach weltweit. Rekord-Bundestrainer sei für ihn zwar „nicht unbedingt eine Zielsetzung“, sagte Löw. Er könne sich auch schon vorstellen, noch einmal einen europäischen Topverein zu trainieren. Doch das sind eher nette Floskeln.

Unabhängigkeit, Eigenbestimmung - das sind hohe Güter für Löw. Der tägliche Druck als Vereinstrainer, vielleicht sogar die Abhängigkeit von Vereinsbossen, passen eher nicht dazu. Die Workshops mit seinen Assistenten Thomas Schneider und Andreas Köpke werden ohne Öffentlichkeit abgehalten. Seinen Vertrauten Urs Siegenthaler schickt Löw in aller Stille nach Italien oder Chile, um die neuesten Fußballtrends zu studieren.

„Natürlich werden alle Sachen neu diskutiert und getestet. Wir werden vielleicht auch mal Fehler machen und am Ende des Jahres sehen, was war gut, was weniger gut“, bemerkte Löw über 2015 ganz locker. „Unantastbar ist man, glaube ich, nie als Trainer.“ Als Weltmeistertrainer aber kommt er dem schon recht nah.