Horst Heldt im Interview Schalke-Manager Heldt wäre fast beim BVB gelandet
Schalkes Sportvorstand Horst Heldt über ein Leben ohne Champions League, Kevin Prince Boateng und die Oberflächlichkeit von Franz Beckenbauer
Gelsenkirchen. Einmal hatte er schon bei Borussia Dortmund unterschrieben. „Was aus mir geworden wäre, wenn der damalige BVB-Manager Michael Meier meinen Vertrag nicht zerrissen hätte“, sinniert Horst Heldt und gibt sich die Antwort selbst: „Dann säße ich heute nicht hier.“ Kein Zweifel, hier ist kein Raum für Schwarz-Gelb. Hier, das ist die Schalke Arena, Raum Schalker Markt, Sportvorstand Heldt stellt sich den Mitgliedern des Westdeutschen Sportjournalisten-Verbandes. Und weiß, dass die ihn in einer prekären Situation treffen. Schalke ist nur Tabellenfünfter, sechs Punkte fehlen für den vierten Rang, der die Champions League in Aussicht stellt. Nur noch acht Spiele. Das wird knapp. Heldt trägt dafür die Verantwortung. Und die Königsklasse, die brauchen sie hier eigentlich wie das Pils zur Currywurst.
132 Millionen Schulden plagen den Club. „30 Millionen Euro im Jahr zahlen wir für Zins und Tilgung der Arena, die wir damals komplett fremdfinanziert haben“, sagt Heldt. „Das muss erst einmal erwirtschaftet werden.“ Bis 2020 will der Club das Stadion abbezahlt haben. Klar ist auch: Ohne Champions League wird das wieder schwieriger. „Wir haben hier schon alle Szenarien durchgespielt“, sagt Heldt, der den Fehlentwicklungen zum Trotz bald seinen Vertrag verlängern soll. Darüber sprechen möchte er nicht. Nicht jetzt. „Ich will, dass die Spieler unser Ziel nicht aus den Augen verlieren. Da kann ich schlecht vorleben, dass es mir um mich geht.“ Aber: Das Leben hier geht auch ohne Champions League weiter, die Welt geht nicht unter.“ Sagt Heldt. Und Schalke wird sich verändern, so oder so. Heldts Bilanz ist einerseits die zahlreicher Fehleinkäufe, aktuelles Beispiel: Kevin Prince Boateng. Heldt sagt: „Wir haben uns in dieser Saison mehr von ihm versprochen. Am Ende ziehen wir einen Strich und beschließen, wie es weitergeht.“ Dass Boateng gehen muss, das weiß auch der Sportvorstand, aber so geht das Spiel. Schütze die deinen, solange sie noch deine sind. „Je mehr ich über Boateng spreche, desto mehr verstecken sich andere hinter ihm“, findet Heldt. Fußball nämlich sei Kopfsache. Noch mehr als früher. Auf Schalke allemal. „Wir müssen hier das alte Bewusstsein lösen“, sagt der Rheinländer und meint jene Geschichten vom Scheitern, die man sich hier so gerne erzählt. Alltagsgeschäft für Heldt, der „jeden Tag kritisiert“ wird — und das aushält. „Am Ende“, sagt er, „muss man sich seine eigene Wahrheit schaffen.“
Heldts Bilanz ist aber auch eine voller Dynamik, wenn es um das Heranführen junger Talente geht. Das ist Schalkes Weg, daneben braucht es Führungsspieler, und es wird an diesem Tag offensichtlich, dass Heldt Sami Khedira, den Weltmeister von Real Madrid, dafür auserkoren hat. Längst ist das durchgesickert, die ersten Experten haben es schon zerrissen. „Den braucht Schalke nicht, der hilft in seiner aktuellen Verfassung niemandem“, hat TV-Experte Franz Beckenbauer geätzt. Und Heldt hat es wahnsinnig gemacht. „Wir kommt der darauf, das über Khedira zu sagen? Khedira wäre jetzt schon beschädigt hier.“ Oberflächlich findet der 45-Jährige Mann aus Königswinter das, der in Düsseldorf lebt, dessen Frau Rechtsanwältin ist. Heldt nervt das wirklich. Immerzu sei man in der Verteidigungsrolle, an Erklärungen sei niemand wirklich interessiert. Immer schnell, immer weiter, immer schnell und weit urteilen.
Nichts für Heldt. Weich, wie sie es ihm mal vorgeworfen haben, sei er trotzdem nicht. „Leider Gottes funktioniert das in meinem Job nicht“, sagt er. Da muss man auch entlassen. Spieler und Trainer. Zuletzt Jens Keller, mit dem Schalke zweimal die Champions League erreicht hat. Jetzt wird es wohl anders laufen unter Roberto Di Matteo. Aber Heldt wird das nicht anfechten auf Schalke, er hat einen guten Draht zu Chef Tönnies. Und ohne Champions League - das trifft ja auch andere. Dortmund zum Beispiel.