Revierderby Brisantes Spiel um Platz zwei: Schalke gegen Dortmund
Gelsenkirchen (dpa) - Zur Einstimmung auf das Derby um die Vizemeisterschaft erinnerte der FC Schalke an das historische Spektakel vor knapp fünf Monaten.
„Ich hatte Gänsehaut, als ich das gesehen habe. Es ist einfach die Mutter aller Derbys“, kommentierte Trainer Domenico Tedesco ein Video vom unvergessenen 4:4 im Hinspiel, das auf Schalke eigens zum 92. Ligaduell am Sonntag erstellt wurde. Die zu mehreren Anlässen gezeigten Bilder von der Aufholjagd sollen Mut für das besonders brisante Kräftemessen machen.
„Es ist sicher das wichtigste Spiel der Saison. Es geht um mehr als die Ehre“, kommentierte Schalke-Chef Clemens Tönnies angesichts der kniffligen Ausgangslage. Nur einen Punkt rangiert der Tabellenzweite aus Gelsenkirchen vor dem BVB. Der Sieger wird einen großen Schritt Richtung Champions League machen.
Anders als bei den Schalkern weckt das Video vom 4:4 am 13. Spieltag bei den Dortmundern keine gute Erinnerungen. Weil eine 4:0-Halbzeitführung leichtfertig verspielt wurde, sinnen sie auf Revanche. Zudem bietet sich die Chance, eine bisher unbefriedigende Saison mit einem Sieg über den ungeliebten Reviernachbarn zu einem versöhnlichen Abschluss zu bringen - und bei den eigenen Fans verloren gegangenen Kredit zurückzugewinnen. „Das Hinspiel werden wir alle nie vergessen. Deshalb wollen wir erst recht gewinnen“, sagte Mittelfeldspieler Nuri Sahin.
Für die Schalker war die Partie im November dagegen eine Art Schlüsselspiel, das nach Einschätzung von Sportvorstand Christian Heidel „neue Kräfte frei setzte“. Das zweite Mal in der Liga-Geschichte punktete ein Team nach einem Vier-Tore-Rückstand. Das trug dazu bei, dass die Königsblauen bisher die beste Saison seit 2013/14 spielen: „Um solch emotionsgeladene Partien zu erleben, spielt man Fußball“, schwärmt Schalkes Nationalspieler Leon Goretzka, der nach der Saison zum FC Bayern wechselt. „Ich werde das Derby vermissen. So ein Spiel gibt es nur einmal in Deutschland.“
Anders als der knappe Punkteabstand vermuten lässt, gehen beide Trainer aus sehr unterschiedlichen Ausgangslagen in die Partie. Tedesco genießt sowohl bei den Fans als auch bei der Vereinspitze höchste Wertschätzung. „Ich kann mir keinen Besseren vorstellen“, schwärmte Heidel in einem Interview des Internetportals t-online.de.
Angeblich verlängert sich der bis 2019 datierte Vertrag mit dem erst 32 Jahre alten Fußball-Lehrer bis 2021, wenn sich die Königsblauen für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren. Bei aller Brisanz riet Tedesco seinen Profis aber, sich nicht zu sehr von Emotionen leiten zu lassen: „Auch in solchen Spielen ist es wichtig, kühlen Kopf zu bewahren.“
Dagegen dürften die Tage seines Dortmunder Kollegen Peter Stöger beim BVB selbst im Falle eines prestigeträchtigen Derbysiegs gezählt sein. Obwohl die Borussia seit seinem Amtsantritt im Dezember nur eins von 14 Bundesligaspielen verlor, sichtet die Clubführung angeblich den Trainermarkt. Gedanken um seine Zukunft blendet der Österreicher vor dem Spiel bewusst aus: „Brisanz ist sowieso immer im Derby. Aber dass wir vorbeiziehen können, macht es schon sehr außergewöhnlich.“
Welch hohen Stellenwert die Partie im Ruhrgebiet genießt, dokumentiert die Aufregung der Amateurfußballer über die Ansetzung der Partie an einen Sonntag. Mehr als 250 Partien in der Region wurden verlegt. „Die Vereine hatten die Befürchtung, dass wenig Zuschauer kommen und sie deshalb wenig Einnahmen haben. Außerdem wollten viele Spieler das Derby sehen“, sagte Manfred Schnieders, Vizepräsident des Fußballverbandes Westfalen (FLVW), der Deutschen Presse-Agentur.
Die DFL hatte das Spiel auf Sonntag terminiert, weil Dortmund zum Zeitpunkt der Ansetzung noch in der Europa League vertreten war. Somit war ein BVB-Spiel am Donnerstag möglich und der Samstag als Spieltag entfiel. Die Ansetzung auf Montag schied aus, weil Schalke am Mittwoch im Halbfinale des DFB-Pokals auf Frankfurt trifft. Der Termin am Sonntag um 18 Uhr war nicht möglich, weil die Polizei aus Sicherheitsgründen ein Abendspiel ablehnt.