FIFA-Kandidaten im Check - Favorit Al Chalifa wehrt sich
Manama (dpa) - Nur wenige Stunden nach Bewerbungsschluss musste der Favorit auf das Amt des nächsten FIFA-Präsidenten schon in den Verteidigungsmodus schalten. Mit markigen Worten versuchte Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa, die schweren Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen zurückzuweisen.
„Solche Anschuldigungen sind nicht nur beschädigend, sondern auch sehr verletzend. Einige Menschen haben eine Agenda“, behauptete der Chef der asiatischen Fußball-Konföderation AFC aus Bahrain in einer BBC-Sendung am Montag.
Menschenrechtler werfen der Familie Al Chalifa vor, an der Niederschlagung von Anti-Regierungsprotesten im Bahrain beteiligt gewesen zu sein. Zudem soll der 49-Jährige als Präsident des bahrainischen Verbands Mitschuld an der Inhaftierung und Folter von Fußballern und anderen Sportlern haben. „Dies sind falsche, eklige Lügen, die immer und immer in der Vergangenheit und Gegenwart wiederholt wurden“, klagte er. Trotzdem befindet sich Al Chalifa im Visier der FIFA-Ethikhüter, ihm droht eine offizielle Untersuchung.
Eigentlich befand sich Al Chalifa für die Wahl eines Nachfolgers von Joseph Blatter im Lager des UEFA-Präsidenten MichelPlatini, hatte für den 60-Jährigen dem Vernehmen nach die asiatische Unterstützung gesichert. Nach der 90-Tage-Sperre durch die FIFA-Ethikkommission für Platini entschloss sich Al Chalifa jedoch, selbst zur Wahl anzutreten. Ein Wahl-Manifest veröffentlichte er zunächst nicht, kündigte aber an, im Falle des Wahlsiegs kein Gehalt zu wollen.
Sollte Platini endgültig nicht antreten dürfen, könnte das bisherige Stimmenpaket des Franzosen auf den AFC-Chef wandern - sollte dieser nicht auch wegen Ethik-Vergehen aus dem Verkehr gezogen werden. Für diesen Fall steht in UEFA-Generalsekretär GianniInfantino als Notfall-Kandidat bereit, der als rechte Hand von Platini gilt. Aus der Sorge, nach dem Integritätscheck womöglich am Ende ganz ohne Bewerber dazustehen, nominierte die Regierung der Europäischen Fußball-Union kurz vor Fristende den Italo-Schweizer.
Zudem haben fünf weitere Bewerber um das höchste Amt im Weltfußball nach eigenen Angaben die notwendige Unterstützung von fünf FIFA- Mitgliedsverbänden und wollen antreten. Ihre Chancen im Überblick:
Tokyo Sexwale: Nicht nur dank seiner Vita ist der frühere Mit-Gefangene von Nelson Mandela einer der Anwärter mit den größten Chancen. Der Südafrikaner wollte sich diese Woche in Ägypten den afrikanischen Verbänden präsentieren. Der derzeitige Zustand der FIFA sei „ein Albtraum“, sagte der 62-Jährige. „Die FIFA wird die größte kriminelle Organisation der Welt genannt.“
Bei einem Wahlerfolg will er den Fußball-Weltverband wieder auf Vordermann bringen. Bei einer Pressekonferenz in Soweto bei Johannesburg sagte Sexwale nach Angaben südafrikanischer Medien: „Die FIFA ... ist beschädigt, die Marke ist schwer angeschlagen.“ Was beschädigt sei, sei aber nicht der Fußball, sondern die Verwaltung. „Es schmerzt, weil sie ganz oben an der Spitze versagt hat.“
Jérôme Champagne: Der frühere stellvertretende FIFA-Generalsekretär aus Frankreich gilt als Kandidat der kleinen Verbände. Besitzt jedoch keinen der wichtigen Stimmenblöcke.
DavidNakhid: Der 51-Jährige aus Trinidad und Tobago ist der einzige Ex-Profi im Rennen. Er hat in seiner Karriere Verbindungen zu einem Unterstützer Blatters, gilt aber nur als Zählkandidat.
Prinz Ali bin Al-Hussein: Der jordanische Ex-Herausforderer von Blatter rückt nur bei einem Fall der Favoriten wieder in den Fokus. Verlor zuletzt sein FIFA-Amt an Al Chalifa.
MusaBility: Dem liberischen Verbandschef fehlte zu Beginn des Wahlkampfs sogar die Unterstützung aus Afrika. Nun hätten ihm 25 Verbände die Unterstützung angeboten, sagt er. Trotzdem chancenlos.
Der frühere FIFA-Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen hatte laut eigener Aussage zwar fünf Unterstützerstimmen - entschied sich aber gegen eine Bewerbung.