Fifa-Präsident Blatter„Für Europäer wird es schwer“
Fifa-Präsident Joseph Blatter spricht über die Chancen bei der Weltmeisterschaft, Kritik an der Vergabe und das deutsche Team.
Berlin. Fifa-Präsident Joseph Blatter glaubt fest an eine erfolgreiche WM in Brasilien. Verzögerungen beim Stadionbau und mögliche soziale Unruhen schrecken ihn nicht. Nur für die europäischen Teams sieht der Schweizer keine guten Prognosen. Ein WM-Sieg am Zuckerhut wird auch für Deutschland „sehr schwierig sein“, sagte er im Interview unserer Zeitung. Kritik an den Turnieren 2018 in Russland und Katar 2022 weist Blatter erneut zurück. „Mit 2018 in Russland haben wir momentan kein Problem, und die Probleme von Katar sind bekannt“, betonte der 78-Jährige.
Herr Blatter, wenige Monate vor dem WM-Beginn in Brasilien sind mehrere Stadien noch nicht fertiggestellt. Wie groß sind Ihre Sorgen?
Joseph Blatter: Das mit den Stadien wird klappen. Das ist nicht meine erste Fußball-Weltmeisterschaft. Am Ende werden alle Stadien bereit sein. Einige sind zurückgeworfen worden, besonders das in Sao Paulo wegen des Unglücks. Aber ansonsten muss ich sagen, dass die Brasilianer bereit sind, diese WM über die Bühne zu bringen.
Befürchten Sie wie beim Confederations Cup Massenproteste, die ein schlechtes Licht auf die WM und die Fifa werfen?
Blatter: Es gibt in Brasilien 200 Millionen begeisterte Fußballer. Die werden die WM entsprechend aufnehmen. Es kommt natürlich darauf an, wie das einheimische Team spielt, aber ich bin überzeugt, das wird eine gute WM, vom Fußball her eine sehr gute WM sein. Wir hoffen, dass die WM dazu beiträgt, dass diese sozialen Unruhen, die wir beim Confederations Cup erlebt haben, sich beruhigen.
Bei der Eröffnung des Confederations Cups wurde Staatschefin Dilma Rousseff gnadenlos ausgebuht. Wie wollen Sie so einen Affront verhindern?
Blatter: Ich bin überzeugt, dass sich die Lage beruhigt hat. Wir werden die Eröffnungszeremonie so gestalten, dass es keine Reden gibt.
Noch nie konnte eine Mannschaft aus Europa in Südamerika Weltmeister werden. Können Sie den deutschen Hoffnungen auf einen Titel Nahrung geben?
Blatter: Die Südamerikaner wollen natürlich gewinnen. Es geht nicht nur um Argentinien und Brasilien, es geht auch um Chile oder Uruguay. Auch Kolumbien hat eine extrem starke Mannschaft. Die wollen natürlich verhindern, dass Europa erstmals gewinnt. Es wird sehr schwierig sein, in Südamerika, in Brasilien, diesen Sieg einzufahren. In Europa muss man auf ein Dreigestirn schauen, das international gut im Geschäft ist. Das ist Spanien, Deutschland und Italien. Es können ja nur zwei ins Finale kommen. Es wird sehr schwer sein für die Europäer, dabei zu sein. Es wird spannend, bis zum Ende.
Sie wollen für eine fünfte Amtszeit als Fifa-Präsident kandidieren. Welche Impulse können Sie für den Weltfußball noch geben?
Blatter: Wir wollen das sozialkulturelle Engagement der Fifa vertiefen und in unsere Gesellschaft hineinbringen, mit verschiedenen Aktivitäten, insbesondere mit einem großen Gesundheitsprogramm für die Jugend, dass wir mit dem Fußball in die Schulen gehen und Disziplin, Fair Play und Respekt in die Gesellschaft bringen.
Die WM 2022 in Katar steht weiter in der Kritik, wäre es denkbar, dass der Fifa-Kongress nochmals über schon getroffene Entscheidungen abstimmen darf?
Blatter: Der Kongress wird aufgerufen, dass er in Zukunft die WM-Vergabe machen muss, und ich werde den Kongress in die Lage bringen, dass er auch die soziale, kulturelle, sagen wir die Menschenrechtssituation, anschaut.
Das heißt, an Katar 2022 und auch an Russland 2018, das durch die aktuellen Ereignisse in der Ukraine in der Kritik steht, wird nicht gerüttelt?
Blatter: Wir können nichts ändern, was die Weltcup-Planungen angeht. Wir haben 2014 zu spielen. Mit 2018 in Russland haben wir momentan kein Problem, und die Probleme von Katar sind bekannt. Wir versuchen, mit allen Beteiligten eine Lösung zu finden, die das sozial-kulturelle Gut des Arbeiters berücksichtigt.
Ihr früherer Wegbegleiter Jérôme Champagne kandidiert auch für das Fifa-Präsidentenamt. Viele vermuteten einen sportpolitischen Schachzug, um dem möglichen Gegner Michel Platini zu schaden. Ist Champagne ein Verbündeter oder ein Gegner?
Blatter: Ein Gegner. Diejenigen, die sagen, er sei ein Verbündeter, die liegen falsch.