FIFA-Reformer Pieth fordert DFB zu härterer Linie auf
Frankfurt/Main (dpa) - Im Reformstreit beim Weltverband hat FIFA-Kontrolleur Mark Pieth den Deutschen Fußball-Bund zu einer härteren Linie aufgefordert.
„In Deutschland hat man eine ganz klare Vorstellung von Integrität. Das ist auch gut so, finde ich echt bewundernswert. Was ich eigentlich fordere, ist nur, dass man konsistent ist“, sagte der Schweizer Topjurist und Vorsitzender der FIFA-Kommission für Good Governance in einem dpa-Gespräch. „Dass man sagt: Okay, wir haben das verlangt, wir haben diesen Prozess mit losgetreten - jetzt wollen wir ihn auch durchziehen.“
Das Gremium von Pieth hatte ein neunseitiges Papier mit „fundamentalen“ Modernisierungsschritten für die FIFA veröffentlicht. Der Weltverband teilte auf Anfrage mit, dass er den zweiten Bericht der Kommission zur Kenntnis genommen habe, wollte ihn aber zunächst nicht kommentieren.
Pieth wirft der Europäischen Fußball-Union (UEFA) erneut mangelnden Reformwillen vor und schließt dabei den DFB ausdrücklich mit ein. Ein entscheidender Punkt sei die Überprüfung der Integrität von Spitzenfunktionären, die die UEFA nur von den Kontinental-Verbänden klären lassen will. „Das ist mir zu wenig - so nicht! Das ist einer der Punkte, wo wir über Kreuz liegen mit UEFA und damit auch mit dem deutschen Fußball“, sagte Pieth.
Die Anti-Korruptions-Experten erhöhten mit ihrem neunseitigen Papier den Reformdruck auf FIFA-Präsident Joseph Blatter. Pieths Kommission mahnt den Schweizer im Streit um die Erneuerung im korruptionsgeplagten Weltverband zu Führungsstärke und schlägt umfangreiche Maßnahmen vor. „Ich bin einfach fassungslos über die Rückschläge bei Themen, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollten“, sagte das amerikanische Kommissionsmitglied Michael Hershman der Nachrichtenagentur AP.
Hershman, Mitbegründer der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International und einst Ermittler im Watergate-Skandal, und seine Kollegen entlarvten die Führungsspitze der UEFA als vermeintliche Blockierer beim Reformprozess. Hershman sagte, er teile die Bedenken von Pieth, dass UEFA-Präsident Michel Platini und Spaniens Verbandschef Angel Maria Villar ihre politische Ambitionen über die Reformprozesse stellen würden. Der Franzose Platini gilt als möglicher Nachfolger für Blatter.
„Wie Mark bin ich an diesem Punkt etwas aufgebracht“, sagte Hershman zu den Differenzen zwischen FIFA und UEFA. „Wenn man einmal Politik in einen Reformprozess hineinbringt, dann kann man keinen Erfolg mit der Reform haben.“ Die UEFA war mit ihren Beschlüssen noch hinter den Vorschlägen des Weltverbandes zurückgeblieben.
Das Gremium von Pieth forderte unter anderem, dass das FIFA-Exekutivkomitee zukünftig mindestens mit zwei unabhängigen Mitgliedern besetzt wird. Darüber hinaus soll die Besetzung der Exekutive vom FIFA-Kongress bestätigt werden. Der vom Weltverband eingesetzte Reformer will, dass alle FIFA-Gremiumsmitglieder auf ihre Integrität überprüfen werden - von unabhängigen Prüfern ist allerdings auch bei ihm nicht die Rede.
Pieth will, dass „eine unabhängige Körperschaft in der Zentrale, bei der FIFA“ die Evaluierung vornimmt. „Ich hätte mir - wie Herr Zwanziger auch - ein unabhängiges Komitee vorgestellt, das mit dem allen nichts zu tun hat. Aber ich kann damit leben, dass es die Ethikkommission ist. Die würde abklären, ob jemand schlechten Ruf hat.“
Der frühere DFB-Präsident Zwanziger sitzt sowohl in der Exekutive der FIFA als auch der UEFA. „Ich habe keine Probleme mit Herrn Zwanziger“, sagte Pieth. „Ich denke, er macht auch gute Arbeit.“ Er spüre aber bereits an den Reaktionen auf seine Kritik in den vergangenen Tagen, „dass da nochmal über die Bücher gegangen wird“.
Empfohlen wird von der Kommission, dass alle finanziellen Zuwendungen - auch das Gehalt des FIFA-Präsidenten - offen gelegt werden. Diese Punkte seien „essenziell, um die Governancereform der FIFA zu einem Erfolg“ werden zu lassen, heißt es in dem Papier.
Wegweisende Entscheidungen werden nun von einem Spitzenmeeting der Generalsekretäre der sechs FIFA-Konföderationen mit Zwanziger am 26. Februar in Zürich erwartet. Festgezurrt werden die Beschlüsse letztlich von der Exekutive des Weltverbandes bei deren Sitzung im März. Kaum vorstellbar scheint, dass ein nationaler Verband von seinem Recht Gebrauch macht und noch beim Kongress am 31. Mai auf Mauritius revolutionäre Anträge stellt.
Pieth wies Anschuldigungen von der Anti-Korruptionsexpertin Sylvia Schenk zurück. Die Vorstandsmitglied von Transparency International aus Frankfurt/Main hatte dem Schweizer vorgeworfen, er lasse sich von der FIFA benutzen. „Es kann sein, dass ich scheitere, aber: Benutzen lasse ich mich nicht“, betonte Pieth.