Aufsichtsrat: Streitforum statt Kontrollfunktion?

Hinter den Kulissen scheint es in dem Gremium nicht nur ums Vereinsinteresse zu gehen.

Düsseldorf. Fortuna Düsseldorf hat es scheinbar geschafft, in den vergangenen fünf Jahren in ruhigerem Fahrwasser an der Konsolidierung des Vereins zu arbeiten - sowohl sportlich als auch wirtschaftlich. Doch die Ruhe trügt. Sportlich wächst die Unzufriedenheit, und offenbar stimmt auch hinter den Kulissen längst nicht alles.

Auf den Artikel in der Westdeutschen Zeitung vom 24.März, in dem wir berichteten, dass der Aufsichtsrat (AR) ganz offensichtlich den Vorstand blockiere, meldete sich AR-Vorsitzender Reinhold Ernst und musste einräumen, dass das Verhältnis der Aufsichtsratsmitglieder untereinander und gegenüber dem Vorstand des Vereins alles andere als ideal sei.

Offenbar spürt er innerhalb des Gremiums heftigen Gegenwind, gerüchteweise ist von knappen Kampfabstimmungen die Rede. Vor allem im Monat Februar sollen die AR-Mitglieder fast wöchentlich zu Krisensitzungen zusammengekommen sein, nachdem der Vorstand ein Liquiditätsloch von rund einer Millionen Euro offenbarte.

Auf der einen Seite steht die Fraktion aus der Joachim-Erwin-Ära. Dazu gehört IDR-Chef Heinrich Pröpper, einst von Erwin mit seinem Unternehmen als Sponsor ins Boot geholt worden. Er ist derzeit stellvertretender Vorsitzender. Auch Dieter Kall wird dieser Seite zugeordnet. Auf der anderen stehen Ernst und der als öffentlichkeitsscheu geltende Stefan Heinig, starker Mann von Sponsor "kik".

Ernst gilt unter den Fans und Mitgliedern, die ihn vor Jahresfrist mit den meisten Stimmen wählten, weiterhin als einer der großen Hoffnungsträger. Auf seine Führungsstärke setzen viele im Verein. Immerhin wurde der Konflikt mit der Sportwelt (Vermarktung des Vereins) unter seiner Ägide so entscheidend geklärt, dass dieses Thema nicht mehr wie ein Damokles-Schwert über dem Club schwebt.

Auch das Entgegenkommen der Stadt bei der Nutzung der Arena (Stichwort Mietzahlung gegen Schuldenerlass) war ein wichtiger Schritt. Die vor allem für die Jugendarbeit enorm wichtige Zusammenarbeit mit dem neuen Sponsoren "systaic" kam allerdings nicht auf Initiative des Aufsichtsrates sondern eher durch Zufall zustande.

Immerhin war AR-Mitglied Dirk Kall entscheidend an der Umsetzung der neuen Partnerschaft beteiligt. Hinter den Kulissen wird spekuliert, dass es Kalls "Bewerbung" für den Job als neuer Marketingchef des Klubs gewesen sein könnte. Ein Vorgriff auf die von einigen Seiten angepeilte Umstrukturierung in den Vereinsgremien?

Persönliche Eitelkeiten spielen im Aufsichtsrat eine große Rolle. Es soll Sitzungen gegeben haben, die fast im Chaos endeten, weil es zu viele Selbstdarsteller und zu wenige Macher gibt. Vor allem an den Vertragsinhalten von Sport-Geschäftsführer Wolf Werner sollen sich Konflikte entzünden. Zudem gibt es offenbar Vorstandsmitglieder, die nur noch enttäuscht sind, weil sie an den Pranger gestellt und für sämtliche Widrigkeiten verantwortlich gemacht werden. Den Vorstand bilden Peter Frymuth, den viele lieber im Aufsichtsrat sähen, Hermann Tecklenburg, der mehr als Sponsor gebraucht wird, der in Finanzdingen wohl unverzichtbare Werner Sesterhenn und Thomas Allofs, den so richtig offenbar keiner mehr haben will.

Am Montag findet die Mitgliederversammlung der Fortuna statt, bei der zwei Aufsichtsratsplätze durch Wahlen neu bestimmt werden müssen. Denn Ralf Wihr und Michael Hahn waren für den verstorbenen Erwin sowie den zwischenzeitlich ausgeschiedenen Jürgen Marbach nachgerückt. Zudem finden auch die turnusgemäßen Wahlen zum Wahlausschuss statt. Dieser ernennt die drei direkt zu bestellende Aufsichtsrats-Mitglieder. Aktuell sind dies Heinrich Pröpper, Dirk Kall und Stefan Heinig.

Weitere Kandidaten sind Fortunas ehemaliger Torhüter Georg Koch, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Hahn, der in Fragen der Bilanz- und GUV-Erstellung seit Jahren als unverzichtbar gilt, sowie Frank Tölle, Vorstand bei der Firma "Signa-Funds". Ihnen gelten die aktuellen Empfehlungen der Wahlkommission. Michael Müller, Düsseldorfer Kaufmann, sowie Ralf Wihr und Rechtsanwalt Michael Spayer wurden nicht empfohlen.

Durch die absehbar veränderte Zusammensetzung des Aufsichtsrates wird sich die Ausrichtung des Kontrollgremiums ändern. Derzeit wird der sportliche Erfolg oder Misserfolg ganz klar auch an den Personen des Vorstandes festgemacht. Zudem sind die Positionen und das Schicksal der derzeitigen Vereins- und Geschäftsführung der Fortuna auch von den Interessen der Aufsichtratsmitglieder abhängig. Welche Ziele sich dahinter verbergen, kann man nur erahnen.