Nach der verrückten Wende gegen Lautern Darum feiern Fortunas Profis Trainer Thioune
Düsseldorf · Nach dem verrückten 4:3 im Zweitliga-Duell gegen den 1. FC Kaiserslautern steht auch der Coach im Mittelpunkt.
Es sind vor allem die kleinen Szenen, die an diesem unvergesslichen Fußballabend für Gänsehaut sorgen. Wie Fortunas Innenverteidiger Jamil Siebert einen Lauterer Schuss blockt und anschließend feiert, als hätte er einen Hattrick erzielt. Wie Daniel Ginczek, der das komplette Spiel auf der Bank verbringen muss, seine Kollegen anfeuert und nach ihren Toren zum 4:3-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern bejubelt und an sein Herz drückt. Wie Takashi Uchino seinen japanischen Landsmann und Doppel-Torschützen Ao Tanaka gar nicht mehr loslassen möchte. Oder wie Trainer Daniel Thioune den zur Pause ausgewechselten Christos Tzolis in den Arm nimmt und tröstet.
Noch eine ganze Reihe mehr von diesen Momenten sind in der Arena zu sehen, während auf den Rängen eine gigantische Party abgeht. In allen Blöcken, abgesehen vom Gästesektor natürlich, also auch auf der Nordtribüne, die sonst immer fast leer steht bei Fortuna-Spielen – aber natürlich nicht bei dieser spektakulären Premiere von „Fortuna für alle“. Endlich einmal sind alle Ecken der Riesenarena mitgerissen, und Stadion-DJ „Opa“ Haefs heizt das Ganze mit einem hochemotional von allen Fortunen mitgebrüllten „Tage wie diese“ von den Toten Hosen noch an.
Wenige Augenblicke später sind die Spieler schon wieder überraschend gefasst. Die Emotionen pulsieren noch in ihnen, das ist schon zu spüren, aber nach den großen Feiermomenten beginnen schon die Überlegungen, was da eigentlich gerade passiert ist. Und eine ganz bedeutende Rolle spielt dabei ein Mann: Daniel Thioune. „Ich bin unfassbar stolz auf diese Mannschaft“, sagt Interimskapitän Florian Kastenmeier, und die sonst so beherrschte Stimme des Torhüters schwankt ein bisschen dabei. „Und ein Lob an den Trainer, der die richtigen Worte gefunden hat. Das ist ein Abend für die Geschichtsbücher.“
Auf die Frage, welche Worte Thioune denn da in der Kabine und schon kurz zuvor, in der Unterbrechung nach dem Flaschenwurf auf Lauterns Stürmer Ragnar Ache, antwortet der 26-Jährige mit einem typischen Kastenmeier-Grinsen: „Gute Worte.“
Daniel Thioune findet vor
dem Spiel die richtigen Worte
Ein bisschen mehr verrät er aber doch: „Er hat uns gesagt, dass es für uns bei 0:0 losgeht (trotz 0:3-Rückstand, d. Red.). Das muss man einfach reinkriegen in die Köpfe. Dass es scheißegal ist, was davor war. Ein Riesenkompliment dann an alle, auch auf den Rängen.“
Emmanuel Iyoha, der mit einer spektakulären Rettungstat gegen den Ex-Fortunen Lex-Tyger Lobinger kurz vor Schluss den Sieg sicherte, schlug in die gleiche Kerbe. „Genau dieses Szenario war der Trainer schon vorher mit uns durchgegangen“, berichtet der Linksverteidiger, „was passieren soll, falls es nicht nach Plan läuft und wir in Rückstand gehen. Dass die 52 000 vielleicht ein bisschen unruhig werden und dass es dann einfach auf uns ankommt. Dieser Fall ist mit dem 0:3 mehr als eingetreten, und wie wir dann zurückgekommen sind, auch weil der Trainer genau die richtigen Worte gefunden hat – so was hat man nicht oft.“
Thioune gibt ebenfalls Einblick in die entscheidenden Momente. „Ich habe in das eine oder andere leere Gesicht geschaut nach dem 0:3. Ich habe den Jungs gesagt, dass nicht viel passiert ist. Wir sollten erst einmal wieder an uns glauben“, berichtet der 49-Jährige. „Und dann hat einfach nach ein paar Umstellungen alles wunderbar funktioniert; nach Zimbos 2:3 war die Überzeugung groß bei den Jungs. Ich freue mich einfach maßlos über diesen Erfolg, weil die Gesamtkonstellation mit ,Fortuna für alle‘ überragend war. Ich bin unfassbar stolz.“ Diesen Stolz drückt er dann in dem Kreis aus, den er gemeinsam mit Spielern und Mitarbeitern nach dem Abpfiff bildet. „Es war emotional in diesem Kreis, auch wenn ich schon ein paar Tage Trainer bin“, gibt Thioune zu. „Das ist mir auch noch nicht passiert, dass wir mit einem Team 0:3 zurückgelegen und noch gewonnen haben. Ich habe den Jungs gesagt, dass es das ist, warum ich diesen Job mache. Dass ich die Mannschaft dafür liebe, wie sie es getan hat. Ich habe in glückliche Augen geschaut dann, es war unsere Party am Ende des Tages. Aber Jamil Siebert habe ich mir gemerkt, der hat mir verdammt viel Wasser ins Gesicht gespritzt.“
Eine Fortuna-Party, bei der der 1. FC Kaiserslautern aber womöglich noch zum Party-Crasher werden möchte. Unmittelbar nach dem Abpfiff tauchte in der Interviewzone bereits das Gerücht auf, ordentlich geschürt von FCK-Profis, dass die Gäste wegen des Flaschenwurfs auf Ache Protest gegen die Spielwertung einlegen würden. Trainer Dirk Schuster zeigte daran jedoch kein Interesse: „Daran will ich mich überhaupt nicht beteiligen. Tatsache ist, dass wir sportlich auf dem Platz 3:4 verloren haben, das ist für mich das Entscheidende. Alles Andere müssen andere Personen klären.“ Zumindest wurde Ache wegen einer Knöchelverletzung zur Pause ausgewechselt, die er sich bei der Landung nach einem Kopfballduell Minuten nach dem Vorfall zugezogen hatte. Nach dem Flaschen-Treffer war er zwar behandelt worden, hatte aber weiterspielen können. Der Erfolg eines Protests scheint daher sehr fraglich, aber wer wollte das schon sicher vorhersagen?