„Hättet ihr nicht so viel gesoffen“ Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe legt sich mit Fortuna-Fans an

Düsseldorf · Eine Szene von vor elf Jahren sorgte in den sozialen Medien für heftige Diskussionen.

Der Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe.

Foto: dpa/Tom Weller

Seitdem Manuel Gräfe kein aktiver Schiedsrichter mehr ist, hat er ein neues Hobby: auf „X“, vormals Twitter, das Leben zu kommentieren und aktuelle Entscheidungen von nationalen und internationalen Unparteiischen zu bewerten. Letzteres gelingt dem 50-Jährigen oft kenntnisreich, wenngleich er sich in der Regel ziemlich kryptisch ausdrückt und einen unverkennbaren Hang zu Abkürzungen aufweist. Am vergangenen Wochenende hat sich Gräfe nun in eine Konversation von Fortuna-Fans eingeklinkt und sich mit ihnen angelegt.

Was genau geschehen ist? Ein „X“-Nutzer hat einen Clip aus dem Bundesliga-Rückspiel zwischen den Düsseldorfern und dem FC Augsburg vor mehr als elf Jahren geteilt, der einen kuriosen Treffer zeigt. Fabian Giefer, der damalige Torhüter, versucht, den Ball aus seinem Strafraum herauszuschlagen, schießt dabei aber Sascha Mölders ab – und von dessen Rücken fliegt die Kugel ins Netz. Am Ende verliert Fortuna die Partie mit 2:3, erweckt die Augsburger wieder zum Leben und steigt wenige Monate später ab.

Gräfe schaltet sich selbst in die Diskussion ein

Die denkwürdige Partie steht damals unter der Leitung von Gräfe, der jedoch erst kurz vor Schluss in den Fokus rückt. Unmittelbar nach dem Treffer zum 0:3 blasen die Rheinländer zur Aufholjagd; Stefan Reisinger schnürt einen Doppelpack und erzielt in letzter Sekunde sogar noch das vermeintliche 3:3. Der ehemalige deutsche Top-Schiedsrichter verweigert dem (korrekten) Ausgleich allerdings die Anerkennung, was sich in die Gedächtnisse fast aller Fortuna-Fans eingebrannt hat.

Deshalb kommentiert ein anderer „X“-Nutzer unter den Giefer-Mölders-Clip: „Das war das Spiel, wo Manuel Gräfe das 3:3 von Stefan Reisinger nicht gegeben hat und sich meine ewige Verachtung gesichert hat.“ Drei Antworten später schaltet sich der Beschuldigte von sich aus ein, ohne vorher markiert oder direkt angesprochen worden zu sein. „Hättet ihr nicht so viel gesoffen, hättet ihr auch alles mitbekommen…“, schreibt der gebürtige Berliner, immerhin mit einem zwinkernden Emoji.

Seiner Erinnerung nach, fährt er fort, habe es im Vorfeld des Tores einen unfairen Ellenbogeneinsatz gegeben, zudem hätten die Augsburger nach dem Pfiff aufgehört zu spielen, was den dritten Treffer von Reisinger mindestens begünstigt, vielleicht sogar erst ermöglicht hätte. „Es wäre auch ohne Pfiff zu keinem Tor gekommen! Aber Schiri ist immer Schuld!“, schreibt Gräfe. Damit aber noch nicht genug.

„Ich fand Dich als Schiri immer angenehm und sympathisch, Fehler macht jeder und gehören dazu. Was mit Dir in der letzten Zeit passiert ist, wo Du falsch abgebogen bist kannst nur Du beurteilen, es wirkt mitleidigend. Ich wünsche eine gute weitere Reise“, antwortet eine Nutzerin auf den ersten Beitrag des Ex-Referees, woraufhin dieser nachlegt: „Wer auf X alles ernst nimmt, ist selbst schuld… Wenn man nach zwölf Jahren wegen einer Szene 30 Meter vor dem Tor unberechtigt nachkartet, muss auch mal mit humoristischen Konter leben können.“ Alles andere seien „ehrliche Analysen“, betont er.

Vor drei Jahren musste Gräfe seine Schiedsrichter-Karriere wegen des Erreichens der Altersgrenze beenden, weshalb er den Deutschen Fußball-Bund anschließend wegen Altersdiskriminierung verklagte. Gemäß Urteil des Frankfurter Landgerichts erhielt er eine Entschädigung von 48.500 Euro, Gräfe selbst hatte vom DFB ursprünglich einen Schadensersatz in Höhe von 194.905 Euro gefordert. Vor Gericht hatte er stets betont, mit seiner Klage nicht unbedingt eine Fortsetzung seiner Schiedsrichter-Karriere erwirken, sondern für ein Grundsatzurteil im Hinblick auf künftige Generationen sorgen zu wollen.

(td)