Fortuna Düsseldorf Funkel und die große Qual der Wahl
Fortunas Cheftrainer kann für das Spiel gegen Sandhausen personell aus dem Vollen schöpfen und muss Spielern weh tun.
Düsseldorf. Friedhelm Funkel wählte nach dem Sieg in Kaiserslautern seine Worte vorsichtig. „Im vergangenen Jahr hatte ich einfach nicht die Möglichkeit, von der Bank qualitativ nachzulegen“. Damit wollte er Spieler wie Emmanuel Iyoha, Taylan Duman, Justin Kinjo oder Marlon Ritter nicht kleinreden. Aber wer jetzt auf die Kaderliste schaut, der weiß, dass in Kaiserslautern der bis dahin treffsicherste Stürmer der Fortuna in Rouwen Hennings gefehlt hatte. Auch die Abwehrstütze Andre Hoffmann war noch nicht wieder fit genug, um auf dem Betzenberg zur Verfügung zu stehen. Dennoch hatte Fortunas Cheftrainer die Möglichkeit, frische Kräfte zu bringen, die das Team auf dem Rasen nicht schlechter machten. Und die den 3:1-Sieg des Tabellenführers der 2. Bundesliga über die Bühne brachten.
Das galt auch für Havard Nielsen. Obwohl der Norweger seit Beginn der Wintervorbereitung deutliche Forstschritte in Sachen Antrittsschnelligkeit und Zweikampfstärke erkennen ließ, saß er in Kaiserslautern zunächst auf der Bank. Auch die Verteidiger Julian Schauerte und Lukas Schmitz, der in der Pfalz als Einwechselspieler das letzte Tor zum 3:1 beisteuerte, sitzen derzeit draußen und haben auf dem Platz starke Konkurrenz. Sie wissen längst, dass sie sich im Training viel stärker anbieten müssen als im Vorjahr. Der Konkurrenzkampf belebt vor allem das Trainingsgeschehen.
So war Friedhelm Funkel schon fast enttäuscht, dass er für das nächste Spiel am Freitag gegen den Tabellenvierten aus Sandhausen wieder aus dem Vollen schöpfen kann. Hennings, Hoffmann und Emir Kujovic stehen dann wieder zur Verfügung. „Hat sich Florian Neuhaus eigentlich die fünfte Gelbe Karte abgeholt?“, fragte Funkel am Betzenberg nach der Pressekonferenz. „Nein? Das ist schade, sonst hätte ich ihn ja draußen lassen können“, scherzte der 64-Jährige bezogen auf seine derzeitige Qual der Wahl. Eine Qual, die ja eigentlich gar keine ist. Vielmehr sei es „ein angenehmes Gefühl, auch wenn ich damit dem einen oder anderen Spieler weh tun muss“.
Es gebe halt jetzt Spieler, die im vergangenen Jahr immer gespielt hätten und jetzt draußen bleiben müssen. Aber er habe dann auch die Möglichkeit, mal gezielt Spielern eine Pause zu geben, „Das bietet sich an, wenn man sieht, wie sehr sich die Jungs im Training und im Spiel reinhängen“, sagte Funkel. „Und auch jetzt machen wir in der Trainingswoche an einem Tag noch eine zusätzliche Laufeinheit, bei der wir an die Grenze gehen.“
Der Ehrgeiz ist bei allen deutlich stärker geworden. Die große Chance vor Augen, sich oben in der Tabelle weiter festzusetzen, führt dazu, dass auch die Intensität in den Trainingseinheiten deutlich zugenommen hat. Jeder Fortuna-Profi weiß, dass er sich kein Nachlassen leisten kann. Sonst wird er im nächsten Spiel das Opfer der Rotation. Das Trainerteam schaut genau hin und kann es sich bei den meisten Spielern leisten, sie durch einen anderen tatsächlich gleichwertigen Spieler zu ersetzen.
Vorteil dieser Personalpolitik ist sicherlich der Überraschungseffekt, der sich gegenüber dem jeweiligen Gegner einstellt. Nur ein einziges Mal in dieser Saison war es leicht vorherzusagen, wer für die Fortuna aufläuft. Damals waren mehrere Spieler gesperrt oder verletzt. Derzeit hat Funkel dagegen immer noch ein Ass im Ärmel — wie am vergangenen Samstag mit der Überraschung, Genki Haraguchi in die vorderste Spitze zu stellen. Die Verpflichtung des Japaners hat sich bereits gelohnt, obwohl er nicht unbedingt als Hennings-Ersatz vorgesehen war.
Nur eben jener Hennings, Raphael Wolf, Kaan Ayhan, Marcel Sobottka und vielleicht noch Florian Neuhaus sind die Korsettstangen, die es bei einer Rotation seltener treffen wird. Bei diesen Spielern „hilft“ dem Trainer dann meist nur noch eine Gelbsperre.