DFB-Frauen verlieren bei EM 0:1 gegen Norwegen
Kalmar (dpa) - Die deutschen Fußballerinnen sind nach der ersten EM-Niederlage seit 20 Jahren ihre Favoritenrolle los. Im letzten Vorrundenspiel unterlag die bereits vorher für die K.o.-Runde qualifizierte DFB-Auswahl verdient 0:1 (0:1) gegen Norwegen und trifft damit im Viertelfinale auf Italien.
„Wenn ich heute unser Spiel von außen beobachtet hätte, hätte ich gesagt, gegen die kann man gewinnen und braucht keine Angst zu haben“, kommentierte Bundestrainerin Silvia Neid das Ende einer fabelhaften Serie, das ihr egal war: „Schön, dass wir eine solange Serie hatte, aber irgendwann geht alles mal zu Ende.“
Ein abgefälschter Schuss von Ingvild Isaksen in der Nachspielzeit der ersten Hälfte besiegelte in Kalmar die erste Pleite nach 28 EM-Spielen nacheinander ohne Niederlage. Der Titelverteidiger reist nach dem verpassten Gruppensieg wieder zurück nach Växjö, wo es am Sonntag gegen die Italienerinnen geht. „Sie sind sehr schwer zu spielen“, warnte Neid, die ihr Team nun in der kurzen Zeit wieder „mental und körperlich“ fit bekommen muss.
„Die erste Halbzeit war wirklich unterirdisch. Das war alles viel zu träge, keine Ideen“, urteilte die Bundestrainerin direkt nach dem Abpfiff in der ARD. „Die zweite Halbzeit war ganz okay. Mir hat das gezeigt, dass sie es eigentlich können, aber in der ersten Halbzeit nicht abgerufen haben.“ Auch das Urteil von Innenverteidigerin Saskia Bartusiak fiel vernichtend aus: „Wir waren zu schläfrig und haben regelrecht um das Gegentor gebettelt. So ein Leistungseinbrauch darf bei einer EM nicht passieren. Dann bist du in der K.o.-Runde raus.“
Der Viertelfinal-Gegner von Gruppensieger Norwegen wird an diesem Donnerstag am letzten Spieltag der Gruppe C ermittelt. Neben den Spanierinnen kommen auch Russland und England infrage. Durch das 1:0 (1:0) von Island im Parallelspiel gegen die Niederlande eroberten die „Nordlichter“ noch Platz drei in der Gruppe B und qualifizierten sich erstmals für ein EM-Viertelfinale. „Oranje“, 2009 in Finnland noch Halbfinalist, muss nach Hause fahren.
Die deutsche Auswahl musste ohne die Gelb-gesperrte Jennifer Cramer und die kurzfristig wegen eines grippalen Infekts ausgefallene Lena Goeßling auskommen. Das Duo wurde durch Luisa Wensing, die rechts verteidigte, und Simone Laudehr auf der „Sechs“ ersetzt. Leonie Maier übernahm die Position links in der Viererkette.
Norwegens Trainerfuchs Even Pellerud veränderte sein Team vom 1:0 gegen die Niederlande gleich auf sechs Positionen und schickte eine bessere B-Elf ins Duell mit dem Titelverteidiger. Womöglich legte er es darauf an, in der K.o.-Runde als Gruppenzweiter lieber gegen Italien als gegen den Zweiten der Gruppe C zu spielen, wo mit Spanien zu rechnen ist. Wenn es so war, ging es schief.
Die Skandinavierinnen erwischten bei Temperaturen um 25 Grad die etwas bessere Anfangsphase und hatten durch Emilie Haavi schon in der 4. Minute eine gute Freistoß-Chance. Nadine Angerer reagierte großartig, obwohl sie den scharf geschossenen und gut platzierten Ball erst spät sah. Danach kam die DFB-Elf besser ins Spiel und ihrerseits zu Möglichkeiten. Celia Okoyino da Mbabi zielte erst knapp am langen Eck vorbei (13.) und scheiterte dann mit einem Heber-Versuch (24.) an der norwegischen Torhüterin Ingrid Hjelmseth.
Der vor Hjelmseth gefährlich aufsetzende Fernschuss von Saskia Bartusiak (29.) war eher ein Zufallsprodukt, aber Luisa Wensings Kopfball auf die Latte hätte kurz darauf fast die deutsche Führung gebracht. Bei den Norwegerinnen war der Anfangsschwung etwas dahin. Auch die beiden für Turbine Potsdam spielenden Maren Mjelde, die für die fehlende Invild Stensland die Kapitänsbinde trug, und Ada Hegerberg konnte sich nicht besonders in Szene setzen. So kam das 1:0 durch den von Elise Thorsnes unhaltbar abgefälschten Isaksen-Schuss (45.+1) überraschend und zum psychologisch ungünstigen Zeitpunkt.
Nach dem Wechsel bemühte sich Deutschland vor 10 346 Zuschauern nicht mit letzter Kraft darum, die Partie noch zu drehen. Dabei hatte man betont, unbedingt Gruppenerster werden zu wollen, um in Kalmar zu bleiben. Doch oft war das Spiel in die Spitze zu unpräzise. Auch die Einwechslungen von Melanie Behringer und Anja Mittag brachten nicht den Ausgleich, der zum Gruppenerfolg genügt hätte. Die beste Chance zum 1:1 hatte noch Okoyino da Mbabi (72.). „Wir sind froh, dass wir vier Punkte haben und im Viertelfinale sind“, bilanzierte Neid.