DFB-Frauen weisen WM-Reife nach
Baden (dpa) - Die erste Spielhälfte beim ultimativen Kunstrasen-Test war zum Vergessen und verursachte Magengrummeln bei Bundestrainerin Silvia Neid. Am Ende zeigten die DFB-Frauen beim 3:1 in der Schweiz aber doch noch WM-Reife vor der Reise nach Kanada.
Bis zum Abflug zur Weltmeisterschaft am Sonntag haben die deutschen Fußballerinnen noch etwas Zeit. „Sie müssen sich natürlich auch fit halten, haben für Freitag und Samstag ein Trainingsprogramm mitbekommen. Aber ich fahre nicht rum und kontrolliere das“, sagte Neid.
Die 51-Jährige wirkt vor ihrer dritten und letzten WM als verantwortliche DFB-Cheftrainerin aufgeräumt und zuversichtlich. Selbst die erschreckend schwache erste Spielhälfte vor 4200 Fans in Baden gegen den WM-Teilnehmer aus dem Nachbarland konnte Neid nur vorübergehend die Laune verderben. „Da ging bei uns alles zu langsam, es gab kein Miteinander. So eine Leistung wie in der ersten Halbzeit darf man sich bei der WM nicht erlauben“, kritisierte Neid, war aber nach dem zweiten Durchgang wieder besänftigt. „Sie haben dann Charakter gezeigt und das Spiel noch gedreht. Wir wollten gewinnen, um selbstbewusst und mit einem guten Gefühl nach Kanada zu fliegen.“
Behäbig, unkonzentriert, fahrig - der achtmalige Europameister startete laut Neid „schläfrig“ in den ultimativen Kunstrasen-Test. Schon in der 2. Minute bestraften die Schweizerinnen die lasche Einstellung des Gegners und gingen nach einer Ecken-Variante durch die für den 1. FFC Frankfurt spielende Ana-Maria Crnogorcevic in Front. Nadine Angerer, Weltfußballerin von 2013, wusste gar nicht wie ihr geschah. „Wir waren ängstlich. Das war nicht die deutsche Mannschaft, die wir kennen. So eine Halbzeit wird bei der WM bestraft“, erklärte die DFB-Keeperin.
Die Kabinenpredigt von Neid in der Pause wirkte wie ein Weckruf. Mit den Einwechslungen von Melanie Behringer, Sara Däbritz und Spielmacherin Marozsan kam Dynamik ins deutsche Spiel. Der Lohn ließ nicht lange auf sich warten. Die fleißige Simone Laudehr (59.) und Super-Technikerin Marozsan (64./75.) sorgten gegen müde werdende Schweizerinnen für klare Verhältnisse.
„Wenn man einer Mannschaft wie Deutschland die Räume gibt, nutzen sie das mit ihrer großen Qualität natürlich aus“, befand die deutsche „Nati“-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg. Die Duisburgerin war dennoch zufrieden, weil ihr Team den großen Favoriten mit aggressivem Pressing lange vor große Probleme gestellt hatte. Nach und nach schwanden dann allerdings die Kräfte. „Wir müssen noch besser die Balance zwischen Pressing, ruhigem Spielaufbau und Ballbesitz finden. Aber wir sind wieder einen Schritt weiter.“ Die nächste Prüfung für den WM-Neuling könnte größer nicht sein: Am 8. Juni (Ortszeit) startet das mit elf Bundesliga-Spielerinnen ausgestattete Team in Vancouver gegen Titelverteidiger Japan ins Turnier.
Die Metropole an der Westküste Kanadas ist auch das Ziel der DFB-Elf. Aber erst später, denn in Vancouver findet am 5. Juli das WM-Finale statt. Sollte die Neid-Auswahl am 7. Juni in Ottawa gegen die Elfenbeinküste einen guten Start hinlegen und dank der geplanten Personal-Rotation gut mit den extremen Belastungen auf Kunstrasen zurechtkommen, ist das Endspiel keine Utopie. Bis dahin sei es jedoch ein langer, beschwerlicher Weg, betonte Neid: „Wichtig ist, dass alle gesund sind. Wir fahren selbstbewusst zur WM.“