EM-Heldin Angerer hat gute Chancen bei FIFA-Wahl
Zürich (dpa) - Die Reise von Australien über Frankfurt nach Zürich nimmt Nadine Angerer gern in Kauf. Immerhin könnte sich der Trip um die halbe Welt für die deutsche Nationaltorhüterin richtig lohnen.
Bei der FIFA-Gala im Züricher Kongresshaus geht die 35 Jahre alte Weltenbummlerin chancenreich ins Rennen um den Titel der Weltfußballerin 2013. Der Sieg einer Torfrau wäre ein Novum. Bislang heimsten wie bei den Männern meist mehr im Fokus stehende Offensivkräfte die höchste im Fußball zu vergebene individuelle Auszeichnung ein. Als bisher einzige Deutsche wurde Birgit Prinz als beste Spielerin der Welt gekrönt, dies aber gleich dreimal hintereinander von 2003 bis 2005.
Wenn es nach Bundestrainerin Silvia Neid ginge, die selbst bei der Trainerwahl nominiert ist, wäre der Ausgang klar. „Aus meiner Sicht muss Nadine gewinnen. Sie war für mich im vergangenen Jahr die beste Fußballerin der Welt. Und wenn man schon als Torhüterin unter den letzten Dreien ist, muss man auch gewählt werden“, sagte die 49-Jährige beim DFB-Hallen-Pokal in Magdeburg.
Angerers Konkurrenz ist in Vorjahressiegerin Abby Wambach und Brasiliens Star Marta namhaft und hochkarätig. Allerdings traten US-Stürmerin Wambach und die fünfmalige Siegerin Marta (2006 - 2010) im zurückliegenden Jahr international bei keinem bedeutenden Länder-Turnier in Erscheinung. DFB-Keeperin Angerer kann dagegen auf den EM-Titel mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft verweisen. Zum Höhepunkt einer Europameisterschaft ohne Fehl und Tadel wurde Angerer beim 1:0-Sieg im Finale gegen Norwegen am 28. Juli 2013 in Solna zur Heldin, als sie gleich zwei Elfmeter parierte. „Nadine war unsere beste Spielerin. Sie ist der Grund, warum wir Europameister sind“, befand ihre Teamkollegin Bianca Schmidt.
Die bemerkenswerten Auftritte der langjährigen Spielerin des 1. FFC Frankfurt, die nach der EM bei Brisbane Roar in Australien einen neuen Lebensabschnitt begann, brachten ihr anschließend den erstmals vergebenen Titel Europas Fußballerin des Jahres. „Ich bin total überrascht und happy, dass ich gewonnen habe“, kommentierte Angerer vor Wochen den Ausgang der Wahl durch eine Journalisten-Jury. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach befand, dass die Keeperin diese Auszeichnung nicht nur wegen der überragenden Euro verdiente. „Sie hat mit ihrer Persönlichkeit unsere junge, unerfahrene Mannschaft geführt und immer vermittelt, dass man mit Entschlossenheit und Zusammenhalt das Ziel erreichen kann.“
Auf den Ausgang bei der FIFA-Gala Ballon d'Or darf man also gespannt sein, zumal nicht nur Journalisten, sondern auch Nationaltrainerinnen und Spielführerinnen die Siegerin bestimmen. Auch bei der Wahl zum besten Trainer/Trainerin im Frauenfußball stehen die Vorzeichen für einen deutschen Erfolg sehr gut. Neben Schwedens Nationaltrainerin Pia Sundhage schafften es Ralf Kellermann, Trainer des Triple-Siegers VfL Wolfsburg, und Bundestrainerin Silvia Neid unter die Top 3.
Alles andere als ein Triumph von Neid, die schon 2010 die Wahl gewann, wäre eine Überraschung. Schließlich ist ihrer Erfolgsbilanz weltweit einzigartig. An allen acht deutschen EM-Erfolgen seit 1989 sowie den WM-Siegen 2003 und 2007 war die 49-Jährige entweder als Spielerin, Co-Trainerin oder Chefcoach beteiligt.
Aber auch Kellermann, der den VfL zu Meisterschaft, Pokalsieg und Champions-League-Triumph führte, hätte den Titel absolut verdient. Der 45-Jährige freute sich schon über die Nominierung, sieht sich selbst aber als Außenseiter, „weil mein Name als Vereinstrainer in der Welt noch nicht so bekannt ist“. Kellermann: „Ich freue mich auf Zürich und will das Ganze mit meiner Frau ohne Erwartungen einfach nur genießen.“