Lange FFC-Partynacht nach 9. Pokalsieg
Köln (dpa) - Noch in der Kabine reichte die Japan-Fraktion mit Kozue Ando und Asuna Tanaka Sushi zur Belohnung, dann schnappten sich die Frankfurter Spielerinnen den Vater des Triumphes.
Colin Bell kam nach dem 3:0-Sieg im DFB-Pokal-Finale der Frauen gegen die SGS Essen am unfreiwilligen Bad im Entmüdungsbecken nicht vorbei. Doch dem überglücklichen Trainer war an diesem sonnigen Samstag in Köln alles egal.
„Für uns ist es ein ganz besonderer Moment, den wir erstmal genießen wollen. Auch für mich persönlich ist der erste Titel etwas Außerordentliches. Ich bin seit 25 Jahren Trainer, und dann so ein großer Erfolg...“, sagte der Engländer ergriffen in einer ungewöhnlich emotionalen Pressekonferenz. „Wir haben uns nach diesem Sieg gesehnt und waren sehr fokussiert auf das Spiel“, ergänzte Bell. „Und ich bin sehr dankbar, dass ich in Frankfurt das Vertrauen bekommen habe und wir nun diesen tollen Erfolg feiern dürfen.“
Dann gab Abstinenzler Bell den Startschuss für eine lange FFC-Partynacht in Köln. „Ich werde allen beweisen, dass man auch ohne Alkohol richtig gut feiern kann“, meinte der 52-Jährige grinsend. Seinen Spielerinnen mochte er Bier, Wein und Sekt aber nicht untersagen. „Sie können machen was sie wollen.“
Dass die Essenerinnen nach der glatten Abfuhr in ihrem ersten Finale überhaupt zunächst enttäuscht auf den Rasen sanken, ist verständlich. Doch es gehört zu den besonderen Geschichten des 34. DFB-Pokalfinals der Frauen mit dem 9. Cup-Triumph der Hessinnen, die eine drei Jahre währende titellose Durststrecke beendeten, dass auch der Unterlegene beinahe fröhlich und voller Dankbarkeit die Heimreise antrat.
„Für uns war schon das Erreichens des Finals eine supertolle Sache. Unser Endspiel hatten wir ja praktisch schon im Halbfinale gegen Freiburg“, konstatierte SGS-Manager Willi Wißing, seit 18 Jahren die Seele des rührigen Revierclubs. Markus Högner hatte für seine blutjunge Truppe, die sich am mit fast ausschließlich erfahrenen Nationalspielerinnen bestücktem Favoriten die Zähne ausbiss, ebenfalls nur tröstende und aufmunternde Worte.
„Frankfurt war einfach abgezockter, hat verdient gewonnen“, sagte der SGS-Coach, der mit seinem Kollegen Bell durch einen tiefen christlichen Glauben und eine „enge Freundschaft“ verbunden ist. „Auch wenn meine Mädels jetzt etwas enttäuscht sind: Ich bin sehr zufrieden. Wir haben auch nach dem 0:2 und 0:3 noch gut nach vorn gespielt. Am Ende fehlte uns aber die Torgefahr“, analysierte Högner.
Selbst die kleine Linda Dallmann, mit erst 19 Jahren schon der Kopf des Essener Talentschuppens im offensiven Mittelfeld, fand die Niederlage „schon okay“. „Wir waren der krasse Außenseiter und Frankfurt ist ein Topteam. Aber von der Leidenschaft her konnten wir total mithalten. Aber körperlich und bei Standards war Frankfurt uns überlegen“, befand die hochveranlagte U-20-Nationalspielerin.
Bundestrainerin Silvia Neid, die mit DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg um 18.34 Uhr im Konfetti-Regen den großen Silberpokal an Spielführerin Kerstin Garefrekes überreicht hatte, lobte die „Effizienz“ des FFC. „Das frühe Tor hat ihnen gut getan. Essen hätte schnell den Ausgleich machen müssen, um das Spiel offen zu halten.“
Doch nach der Blitzführung von Japans Weltmeisterin Kozue Ando (3.) beseitigten Peggy Kuznik (28.) und Simone Laudehr (36.) jeweils per Kopf nach Ecken frühzeitig alle Zweifel an der Dominanz des einstigen Branchenführers. Mit Bell als Trainer ist der FFC auf gutem Weg, seine in den vergangenen Jahren an die Konkurrenz aus Potsdam und Wolfsburg verlorene Vormachtstellung zurückzugewinnen. „Colin ist ein absoluter Fachmann und sehr emotional. Er hat es geschafft, seinen Ehrgeiz auf die Mannschaft zu übertragen“, lobte Manager Siegfried Dietrich.
Laut Dietrich wäre der Bundesliga-Titel das „zweite Sahnehäubchen“, aber: „Wir müssen nicht unbedingt Meister werden. Absolute Priorität hat das Erreichen der Champions League. Aber es ist schon ein Traum nach dieser spürbaren Pause wieder einen Titel gewonnen zu haben. Das ist wichtig für unser Image.“ Nationalspielerin Laudehr sieht es ein wenig anders, sie will in drei Wochen unbedingt das Double perfekt machen: „Ich habe noch keinen Meistertitel gewonnen, ich will den Scheiß jetzt haben.“