Legionärin Krahn: Sportlich und persönlich gereift
Växjö (dpa) - Aus der deutschen Abwehr ist Annike Krahn nur schwer wegzudenken. Vor acht Jahren debütierte die Innenverteidigerin gegen Australien in der Fußball-Nationalmannschaft, der endgültige Durchbruch gelang ihr bei der WM 2007 in China.
Dass sie gewisse Defizite im technischen Bereich und im filigranen Spielaufbau hat, weiß die Bochumerin selbst. „Aber daran arbeite ich natürlich. Und ich denke, da habe ich mich auch schon verbessert.“
Trotz dieser kleinen Mängel ist die 28 Jahre alte Sportwissenschaftlerin ein wichtiger Bestandteil des Teams von Silvia Neid. Die Bundestrainerin hat auf der wichtigen Position neben Saskia Bartusiak, die derzeit als gesetzt gilt, viele andere Spielerinnen ausprobiert. Vor allem als Krahn wegen eines Kreuzbandrisses im Knie ein Dreivierteljahr und später wegen einer Innenbandverletzung mehrere Wochen ausfiel. Die beiden Wolfsburgerinnen Josephine Henning und Luisa Wensing sind im aktuellen EM-Kader erste Alternativen.
Dennoch stand Krahn zum EM-Auftakt gegen die Niederlande (0:0) wie auch in den beiden ersten Vorbereitungsspielen gegen Schottland (3:0) und Kanada (1:0) in der Startelf. Gegentore Fehlanzeige. Nur beim 4:2 im Abschlusstest gegen Japan in München wurde die kompromisslose Abwehrspielerin wegen einer Muskelverhärtung vorsichtshalber geschont. „Da wollten wir kein Risiko eingehen. Wir brauchen eine gesunde und fitte Annike bei der EM“, erläuterte Neid, die Krahns Zweikampfstärke, Disziplin und Übersicht schätzt.
Pünktlich zum Turnierstart in Schweden meldete sich Krahn zurück. „Ich bin gesund. Das Knie macht keine Probleme mehr“, erklärte Krahn, die im ersten Spiel gegen „Oranje“ weder mit der Teamleistung, noch mit sich selbst zufrieden war. „Man muss in so ein Turnier aber erstmal reinkommen. Ich will in den nächsten Partien natürlich auch besser spielen als gegen Holland“, meinte Krahn selbstkritisch.
Über ihre Bochumer Heimatvereine SV Weitmar 09, Waldesrand Linden, TuS Harpen und Wattenscheid 09 landete sie 2004 beim Bundesligisten FCR Duisburg, mit dem sie einige große Erfolge feierte. 2009 und 20010 gewann sie den DFB-Pokal, 2009 sogar den UEFA-Pokal, den Vorläufer-Wettbewerb der Champions League. Auch in den verschiedenen DFB-Auswahl-Teams gehörte Krahn früh zum Stammpersonal.
2004 wurde sie mit der U 19 des DFB Zweite bei der EM und im selben Jahr U 19-Weltmeisterin. Der größte Coup mit der A-Nationalelf war der WM-Triumph 2007 in China. Als sich Sandra Minnert verletzte, rutsche Krahn in die Elf und bildet mit Torhüterin Nadine Angerer, Kerstin Stegemann, Ariane Hingst und Linda Bresonik ein Abwehrbollwerk, das im ganzen Turnier kein Gegentor zuließ. Zwei Jahre später folgte in Finnland der EM-Titel, der in Schweden erfolgreich verteidigt werden soll.
Im Vorjahr war es nach acht Jahren in Duisburg „Zeit für einen Tapetenwechsel“. Ihr Diplom-Sportstudium in Bochum hatte das „Ruhrpottmädel“, wie der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger sie liebevoll nannte, längst erfolgreich abgeschlossen. „Ich wollte einfach mal was anderes sehen, eine andere Sprache, eine andere Kultur.
So nahm sie das Angebot von Paris St. Germain an, dem Club von Zlatan Ibrahimovic, und unterschrieb für zwei Jahre an der Seine. „Den Wechsel habe ich nicht bereut, auch wenn ich weniger zu Hause in Bochum bin. Es ist eine wichtige Erfahrung, die mich sportlich und persönlich weiterbringt.“ Und als Krahn meinte, dass sie auch menschlich gereift sei, schaltete sich Neid ein und nickte: „Das kann ich nur bestätigen.“