Tore, Tore, Tore: Fußballfrauen feiern Rekordsieg

Wiesbaden (dpa) - Wie motiviert man in der Kabine eine Mannschaft, die zur Halbzeit 10:0 führt? „Hat von euch schon mal jemand 20:0 gewonnen?“, fragte Bundestrainerin Silvia Neid in Wiesbaden die deutschen Fußballfrauen.

Am Ende reichte es in der EM-Qualifikation gegen Spielball Kasachstan „nur“ zu einem 17:0-Rekordsieg. Der bisher höchste Triumph in der 29-jährigen Länderspielgeschichte war 2003 ein 13:0 gegen Portugal. „Ich habe selten einen so entspannten Nachmittag erlebt. Ein Tor war schöner als das andere“, freute sich Neid. „Ich habe Gott sei Dank alle mitgeschrieben, damit ich nachher auf den Zettel gucken kann.“

Auf ihre herausfordernde Frage nach dem 20:0 schüttelten die meisten Spielerinnen zur Pause den Kopf, nur Celia Okoyino da Mbabi sagte: „Ja, bei den Bambinis mal.“ Mit dem federleicht herausgespielten dritten Sieg im dritten Gruppenspiel für die EM 2013 in Schweden schoss sich der Titelverteidiger warm für die Spitzenpartie in Motril gegen Spanien. „Wir wissen, dass Spanien ein anderes Kaliber ist als Kasachstan“, meinte Neid vor der Begegnung gegen die Fußballfrauen des Männer-Weltmeisters.

Ihr Team übertrumpfte mit dem 17:0 sogar den höchsten Erfolg der DFB-Herren - 16:0 gegen Russland bei Olympia in Stockholm am 1. Juli 1912. Mit einem möglichen Rekordsieg hatte sich die 47-jährige Neid vor der Partie „nicht auseinandergesetzt“. Aber spätestens nach einer guten Viertelstunde, als die DFB-Auswahl vor 6528 Zuschauern in der Brita Arena bereits mit 6:0 führte, wühlten die Journalisten auf der Tribüne in den Statistiken. Im deutschen Team herrschte noch länger Unwissenheit. „Wir haben auf der Bank gerätselt“, sagte die ausgewechselte Okoyino da Mbabi.

Die Offensivspielerin vom SC Bad Neuenahr feierte bei ihrem ersten Länderspiel nach dem WM-Viertelfinal-Aus gegen Japan ein glänzendes Comeback und schoss vier Tore. Auch Alexandra Popp (ebenfalls 4), Simone Laudehr (2), Babett Peter (3), Martina Müller (2), Lira Bajramaj und Melanie Behringer per Handelfmeter düpierten die bedauernswerte, aber keinesfalls schwache kasachische Torhüterin Oksana Schelesnjak. „Wir sind gefährlich - das ist schön“, meinte Neid erfreut.

„Die Mannschaft hat heute super gespielt“, sagte Joker Martina Müller und bewies bei dem ganzen Tor-Tohuwabohu gegen den Weltranglisten-79. nach dem Abpfiff eine erstaunliche Übersicht. Auf die Frage im ZDF-Fernsehen, wer denn alles getroffen habe, lag die Wolfsburgerin fast richtig: „Die Celia vier, die Popp vier, Babett Peter 3, ich zwei, die Simone Laudehr, glaube ich, noch eines und die Lira auch noch eines.“

Kasachstans Trainer Andrej Vaganow saß danach völlig konsterniert in der Pressekonferenz und meinte: „Es ist etwas schwierig, zu diesem Spiel etwas zu sagen. Die deutsche Mannschaft ist wie ein Tornado über uns hinweggefegt.“ Eine seiner Spielerinnen hatte für einen Moment sogar vergessen, dass Fußball gespielt wurde: Aigerim Bissembajewa verhalf mit einem Handspiel aus dem Volleyball-Repertoire der DFB-Auswahl zu einem Elfmeter. Kurz vor dem Halbzeitpfiff waren die Gäste durch Saule Karibajewa das einzige Mal gefährlich vor dem Tor von Spielführerin Nadine Angerer aufgetaucht. Wie beim Eishockey hätte Neid an diesem Tag ihre Keeperin rausnehmen können. „Ich bin immer vor und zurück gelaufen, deshalb ist mir nicht kalt geworden“, erklärte Angerer frohgemut.