Nach EM-Aus Trotz Kritik: Jones will Weg mit DFB-Frauen fortsetzen
Sint-Michielsgestel (dpa) - Die Tränen sind getrocknet, der Frust ist geblieben: Eine kurze Nacht mit vielen Gesprächen reichte noch nicht aus, den Schock über den frühen EM-K.o. in den Niederlanden aus den Köpfen der deutschen Fußballerinnen zu verbannen.
„Das ist schon ein harter Brocken. Natürlich ist die Enttäuschung noch nicht weg“, gestand Bundestrainerin Steffi Jones am Morgen nach der überraschenden 1:2-Pleite im Viertelfinale gegen Dänemark. Zwar hatten sich die dunklen Wolken in den Niederlanden verzogen und die Sonne schien wieder über dem idyllischen Team Base Camp in Sint-Michielsgestel.
Doch Jones hatte ihr strahlendes Lächeln noch nicht wiedergefunden, als sie Montagfrüh um 8.30 Uhr vor die Medienschar trat, um zu erklären, was sie (noch) nicht erklären konnte. „Es war eine bittere Lehrstunde. Wir hatten wirklich das Ziel, hier weit zu kommen. Alle sollen sich nun ein, zwei Tage Zeit nehmen, um das zu verarbeiten“, empfahl die 44 Jahre alte Fußball-Lehrerin sich und allen anderen im DFB-Team.
Nach einigen Tagen der Entspannung und Besinnung werden Jones und ihr Trainerteam das verpatzte Turnier in Ruhe aufarbeiten. „Ich nehme mich nicht aus der Verantwortung. Ich werde in mich gehen und tiefgründig analysieren, woran es gelegen hat und was wir besser machen müssen“, betonte Jones. Das erwarte sie auch von den Spielerinnen, die zwar die Qualität und körperliche Verfassung für eine erfolgreiche Titelverteidigung mitbrachten, sie aber letztlich in keinem der vier EM-Spiele wirklich zeigen konnten.
Die Mannschaft hatte bereits am Sonntag begonnen, Ursachenforschung für das blamable Scheitern zu betreiben. „Wir haben lange zusammengesessen und geredet, aber noch keine richtige Erklärung gefunden, warum wir kollektiv versagt haben“, sagte Olympiasiegerin Babett Peter ratlos: „Ein Resümee gibt es noch nicht.“ Wie alle im Team stellte die 29 Jahre alte Innenverteidigerin heraus, dass das Scheitern nicht an ihrer Trainerin gelegen habe. „Wir alle stehen hinter Steffi, und sie steht hinter uns!“
Spielführerin Dzsenifer Marozsan empfindet das EM-Aus gar als „persönliche Niederlage, das ist schwer zu akzeptieren“. Die 25-Jährige vom französischen Triplesieger Olympique Lyon meinte kleinlaut: „Die Art und Weise, wie wir verloren haben, hat mich am meisten verletzt.“ Für Marozsan steht der Grund für die Pleite aber eindeutig fest: „Es hat die richtige Einstellung gefehlt.“
Besonderes Mitgefühl zeigt Marozsan für ihre Trainerin. Jones, die als Nachfolgerin der erfolgreichen Titelsammlerin Silvia Neid ohnehin unter besonderer Beobachtung von DFB-Offiziellen, Experten, Kritikern, Fans und Medien steht, könne nichts für das Versagen der Mannschaft. „Sie hat uns gesagt, dass sie trotzdem stolz ist auf uns, dass mehr in uns steckt.“
Wenn es nach Marozsan geht, „muss Steffi überhaupt nicht um ihren Job zittern. Die Mannschaft steht hinter ihr.“ Auf die Frage, ob sie ein ähnlich klares Bekenntnis pro Jones auch vom DFB erwarte, sagte Marozsan: „Ja klar.“ Auch Sara Däbritz plädierte im ZDF klar für ein Weitermachen mit Jones: „Wir arbeiten seit September sehr gut mit ihr zusammen. Es hat super harmoniert. Wir stehen total hinter ihr.“
Die Cheftrainerin würde ihren eingeschlagenen Weg gern weitergehen und den - wie sich schmerzlich zeigte - längst nicht abgeschlossenen „Prozess“ vorantreiben. Die Frankfurterin zeigt aber „vollstes Verständnis dafür, dass der DFB wissen will: Wohin soll der Weg gehen? Wie kommen wir wieder in die Erfolgsspur?“ Mit DFB-Präsident Reinhard Grindel habe sie schon telefoniert.
Der Verbandschef hat bislang ein klares Bekenntnis zu Jones vermieden. Dies als Signal für Vertrauensentzug oder eine baldige Ablösung zu werten, wäre aber falsch. Sollte der DFB sie weiter unterstützen, will Jones aus Fehlern lernen: „Dann werden wir gestärkt aus dieser EM hervorgehen und wieder in die Erfolgsspur kommen“, meinte sie zuversichtlich.
Dass nun Kritik von außen kommt, ist normal, berechtigt und nicht ehrenrührig. Fast einem Naturgesetz folgend meldete sich Bernd Schröder via „Bild“-Zeitung zu Wort: „Uns fehlt es vorne und hinten an Qualität. Unser Team hat die gesamte EM Alibi-Fußball gespielt. Jedes Spiel eine andere Elf, das gibt keine Sicherheit“, monierte der 75 Jahre alte Meister-Coach a.D. von Turbine Potsdam.
Die zweimalige EM-Torschützenkönigin Inka Grings, mittlerweile Trainerin der männlichen U17-Junioren von Viktoria Köln, sprach in einer Zeitungskolumne von einer „erschreckenden“ Leistung: „Wir haben von Anfang an nie in dieses Turnier gefunden. Meiner Meinung nach wurde auch zu viel rotiert, das Team konnte sich nicht einspielen.“