Brasilien happy: „Sieg gibt Selbstvertrauen“
Paris (dpa) - Als der Wolfsburger Luiz Gustavo per Kopf zum 3:1-Endstand traf und den rechten Zeigefinger gen Himmel reckte, erlebte Brasiliens Fußball so etwas wie eine Wiedergeburt.
Der verdiente Sieg über Frankreich war für die Seleção - achteinhalb Monate nach der 1:7-Blamage im WM-Halbfinale vor eigenem Publikum gegen Deutschland - bereits der siebte Triumph in Serie unter dem alten/neuen Trainer Carlos Dunga.
Dass der Erfolg auch noch am Ort einer anderen schmerzlichen WM-Schmach - der 0:3-Finalschlappe 1998 gegen Gastgeber Frankreich - gelang, sorgte bei Medien und Fans für zusätzliche Freude. „Das Gespenst von 1998 ist endlich verjagt“, schrieb die Sportzeitung „Lance“. Das Massenblatt „O Dia“ stellte fest, das Team des Rekordweltmeisters habe vor 80 000 zwar nicht mit Samba-Fußball und Jogo Bonito, dem traditionellen „schönen Spiel“, dafür aber mit pragmatischen und direkten Aktionen geglänzt.
Und das alles gegen einen echten Angstgegner. Die Franzosen hatten die Brasilianer unter anderem auch bei den letzten drei WM-Duellen (im Viertelfinale 2006 und 1986 sowie im Finale 1998) bezwungen. Dunga weiß allerdings, dass in Sachen Vergangenheitsbewältigung noch einiges verarbeitet werden muss. „Das WM-Trauma ist noch nicht überwunden, aber so ein Sieg gibt Selbstvertrauen“, sagte der frühere Stuttgarter Profi, der nach einem Viertelfinal-Aus bei der WM 2010 als Nationaltrainer beurlaubt worden war.
Der stets mürrisch dreinblickende 51-Jährige deutete nach dem Spiel gegen Frankreich ein seltenes Lächeln an. Kein Wunder, schließlich war ihm auch eine ganz persönliche Revanche gegen den heutigen Trainer der „Les Bleus“, Didier Deschamps, geglückt: 1998 war Dunga Kapitän des Finalteams und Didier Deschamps Spielführer des Siegers.
Breiter als Dunga grinste allerdings Stürmerstar Neymar. Der Barcelona-Profi hatte nach dem Führungstor der Gastgeber durch Raphael Varane (21.) und dem Ausgleich durch Oscar (40.) die Gäste in der 57. Minute auf die Siegerstraße gebracht, bevor Luiz Gustavo vom Bundesligisten VfL Wolfsburg (69.) alles klar machte.
Im 61. Länderspiel erzielte Neymar bereits sein 43. Tor und rückte mit erst 23 Jahren zu den Legenden Rivelino und Jairzinho auf den fünften Platz der ewigen Torjägerliste der Seleção auf. „Mit diesem Sieg haben wir die Krise aber endgültig hinter uns gelassen“, glaubt Neymar im Gegensatz zu seinem Trainer. Am Sonntag können sie das beim Testspiel in London gegen Chile erneut belegen.
Ganz anders dagegen die Stimmung beim kommenden EM-Gastgeber Frankreich. „Gelbe Karte“, titelte die Sportzeitung „L'Équipe“ groß auf Seite eins nach der ersten Niederlage der Franzosen nach dem 0:1 im WM-Viertelfinale gegen Deutschland und dem Rücktritt von FC-Bayern-Star Franck Ribéry. Mittelfeldmotor Mathieu Valbuena sprach von einer „kleinen Ohrfeige“, Blaise Matuidi von einer „Lektion“. Vor dem nächsten Test am Sonntag gegen Dänemark sagte Trainer Deschamps: „Es ist klar, dass wir noch viele Fortschritte machen müssen.“