Chelsea-Sieg löst neue Torkamera-Kontroverse aus
London (dpa) - Es war ein klassischer Fall von ausgleichender Ungerechtigkeit. Zehn Monate nach seinem fälschlich nicht gegebenen Tor im WM-Achtelfinale gegen Deutschland erzielte Chelsea-Star Frank Lampard beim 2:1 gegen Tottenham Hotspur einen Treffer, der keiner war.
Tottenham-Hotspur-Keeper Heurelho Gomes hatte den Schuss des englischen Fußball-Nationalspielers durch die Hände gleiten lassen, den Ball aber noch rechtzeitig auf der Linie gestoppt. Schiedsrichter Mike Cairns erkannte aus rund 20 Metern Abstand dennoch auf Tor und machte so die englische Meisterschaft wieder ein bisschen spannend. Der Tabellenzweite Chelsea hielt mit dem Sieg den Druck auf Spitzenreiter Manchester United aufrecht.
Der irreguläre Ausgleich des Titelverteidigers in der Nachspielzeit der ersten Hälfte leitete die Wende ein. Tottenham hatte durch einen fulminanten Weitschuss des Brasilianers Sandro (19.) geführt und stark gespielt. Lampard hatte jedoch kein Mitleid. „Nachdem, was mir gegen Deutschland bei der Weltmeisterschaft widerfahren ist, hatte ich ein bisschen Glück verdient“, sagte der 32-Jährige.
„Spurs“-Trainer Harry Redknapp sah die Sache naturgemäß ein wenig anders. „Dieser Fehler kann uns 30 Millionen Pfund kosten“, wetterte der 64-Jährige. Sein Team hat nur noch geringe Chancen auf die Qualifikation für die Champions League.
Ein bisschen peinlich war dem Londoner Rivalen aus dem feinen Stadtteil Chelsea die Sache dann aber doch. „Wir hatten heute sehr viel Glück“, räumte Trainer Carlo Ancelotti ein. Salomon Kalous später Siegtreffer (89.) war zu allem Überfluss auch noch aus einer klaren Abseitsposition gefallen.
Grund genug für Redknapp, vehement den Einsatz des Videobeweises zu fordern. „Wir können einen Menschen auf den Mond schicken, aber nicht sagen, ob der Ball hinter der Linie war“, polterte der Trainer, „dabei dauert es nur ein paar Sekunden, um auf den Bildschirm zu schauen und die richtige Entscheidung zu treffen“. Referee Cairns habe schlichtweg „geraten“, monierte Redknapp.
Die Premier League will in der kommenden Saison das bereits beim Tennis in Wimbledon und beim Cricket erfolgreich eingesetzte „Hawk-Eye“-System in einem Stadion testen. Doch solange sich der Weltverband FIFA gegen den Einsatz von technischen Hilfsmitteln sträubt, sind auch den Engländern die Hände gebunden. Die Entscheidungen von „Hawk-Eye“ sollen zum Schutz der Schiedsrichter nicht veröffentlicht werden. „Es ist höchste Zeit, dass der Fußball das viktorianische Zeitalter hinter sich lässt, und nicht länger einem Mann mit Fahne vertraut“, schrieb der „Observer“.