Confed Cup als Fußball-Fest gegen die Zweifler

Rio de Janeiro (dpa) - Brasilien atmet Fußball - und die ganze Welt soll es spüren. Vor dem Auftakt zum Confed Cup im Land des Rekordweltmeister ist FIFA-Chef Joseph Blatter begeistert, der große Pelé geradezu elektrisiert.

„Es wird eine große Show“, sagte die Fußball-Ikone kurz vor dem Anpfiff des Testlaufs für die Weltmeisterschaft in einem Jahr. Nicht minder euphorisch klingen die Worte Blatters vor dem Eröffnungsspiel des Gastgebers gegen Japan am Samstag im Mané Garrincha Stadion von Brasilia.

„Es wird ein großartiges Turnier. In England wurde der Fußball erfunden, aber wo der Fußball Tanz ist, wo Fußball Samba ist, das ist Brasilien“, sagte der Schweizer. Es ist das Glück der Organisatoren am Zuckerhut, auf ein Maximum grandioser Fußball-Historie im Land des fünffachen WM- und dreifachen Confed-Cup-Champions bauen zu können. Anderen Ausrichtern wäre eine Vorbereitung mit derart vielen Hindernissen negativer ausgelegt worden.

Stunden vor dem Anpfiff bereiteten Tausende noch nicht abgeholte Eintrittskarten den Organisatoren große Sorgen. Die Brasilianer sind nicht gewohnt, ihre Tickets vorab abzuholen. Allein für das Spiel Italien gegen Mexiko am Sonntag im Maracana sind 20 000 Karten noch nicht bei ihren Besitzern - es droht möglicherweise ein Chaos.

Gelassen reagierte die FIFA auf die Proteste Hunderter Demonstranten vor dem Stadion in Brasilia. Diese zündeten Reifen an und blockierten eine der Hauptverkehrsachsen der Hauptstadt. Es stiegen riesige Rauchwolken in den Himmel auf. Die Sicherheitskräfte wurden von der Aktion offenbar überrascht. Die Proteste richteten sich gegen die hohen Investitionskosten für die anstehenden Sport-Großereignisse. „Wir haben volles Vertrauen in die staatlichen Sicherheitsbehörden. Sie sind für diese Angelegenheiten zuständig“, sagte ein FIFA-Sprecher.

Beschädigen können Proteste dieser Art das Image Brasiliens kaum. Millionen Fans freuen sich auf das größte Event seit der WM 1950. Wie viel von Brasiliens Fußball-Kultur in den kommenden Wochen bis zum großen Finale am 30. Juni im neu errichteten Tempel Maracana aber nur noch zu Folklore taugt, hängt nicht nur von den Auftritten der zuletzt skeptisch beäugten Seleção ab, sondern auch vom Eignungstest für Stadien, Infrastruktur und Sicherheitssysteme.

„Es war eine große Herausforderung. Ein Kraftakt wurde gemacht“, gestand Brasiliens Sportminister Aldo Rebelo. Auch Blatter vergisst nicht zu betonen, dass der Confed Cup zwar ein Turnier für sich ist, aber auch eine Generalprobe für das ungleich größere Turnier ein Jahr später mit der vierfachen Anzahl an Mannschaften und Spielen.

„Ein entscheidender Punkt wird die Logistik sein. Wie läuft es mit dem Transport, der Sicherheit, Ticketing und mit den Hotels?“, beschrieb Blatter Sinn und Zweck des Confed Cups. Die letzten Arbeiten an mehreren der sechs Stadien wie in Brasilia oder Salvador bezeugen die knappe Zeitkalkulation der Brasilianer. Auch am Maracana wird noch bis zum ersten Anpfiff und wohl auch darüber hinaus gezimmert und gestrichen. Einzig die Arenen in Belo Horizonte und Fortaleza wurden im von der FIFA gesetzten Zeitrahmen fertig.

Für die Fans auf der Straße zählen aber erstmal ohnehin nur die Spiele. Und noch nie war ein Confed Cup so prominent besetzt: Vier Weltmeister sind durch Brasilien, Spanien, Italien und Uruguay vertreten. Dazu kommen die Kontinentalmeister Mexiko, Nigeria, Japan und für die Sonderportion Fußball-Exotik noch Ozeanienmeister Tahiti. „Es ist ein echtes Festival der Champions“, sagte Blatter.

Nur Deutschland fehlt. Das Aus im EM-Halbfinale 2012 gegen Italien (1:2) verwehrte dem DFB-Team die erste Confed-Cup-Teilnahme seit dem Heimturnier 2005. Wie vor vier Jahren hat die Konkurrenz einen WM-Wettbewerbsvorteil durch die Praxiserfahrungen im Gastgeberland. Bundestrainer Joachim Löw reist nur als Turnier-Beobachter an. Die Spiele Brasilien gegen Mexiko und Nigeria gegen Uruguay will er sich anschauen. Priorität hat aber die Hotel-Auswahl für 2014.

„Ich will einen Eindruck gewinnen von der Atmosphäre und den Begebenheiten: Zuschauer, Begeisterung, Stadien, Platzverhältnisse, natürlich auch den Mannschaften wie Brasilien und Uruguay. Gerade die Südamerikaner haben wir nach der WM 2010 nicht mehr so häufig gesehen. Und dann steht natürlich die Quartiersuche an. Da wollen wir uns noch mal vor Ort Erkenntnisse verschaffen“, sagte Löw.

Auf Brasiliens Wunderknabe Neymar lastet ein besonderer Druck. Erstmals nach Bekanntgabe seines Wechsels zum FC Barcelona soll er der Fußball-Welt zeigen, dass er schon groß genug ist, sein Team zum Titel zu führen. Ausreden gibt es an der Copacabana diesbezüglich keine, obwohl selbst Pelé gestand, dass die Seleção unter Trainer Felipe Scolari noch nicht die nötigen Qualität erreicht hat. „Wir müssen uns bis zur WM noch verbessern“, sagte Pelé. Scolari rief seine Landsleute zum Schulterschluss auf: „Die aus dem Ausland kommen, respektieren uns - und das sogar sehr. Bei uns aber wird der Eindruck erweckt, dass wir eine schlechte, kleine Mannschaft haben.“

Spaniens Titeljäger um Xavi, Andres Iniesta und Bayern Münchens Javí Martinez können ihre Sammlung mit dem Confed-Pokal nach EM- und WM-Triumphen komplett machen. Das gelang zuletzt Frankreich im Jahr 2001. Mit Spannung erwartet wird auch der Auftritt von Mexiko mit acht Olympiasiegern von London oder das japanische Bundesliga-Ensemble mit gleich acht Spielern, die ihr Geld in Deutschland verdienen.

Für Verwirrung sorgt das Team Nigerias, das wegen eines Prämienstreits erst am Samstag aus Namibia nach Brasilien reisen wird. „Wir erwarten die Ankunft am späten Samstagabend“, sagte ein FIFA-Sprecher. Keine 48 Stunden bleiben zur Vorbereitung auf das Auftaktspiele gegen Tahiti

Einziger deutscher Hauptakteur ist Referee Felix Brych. Wie seine neun Schiedsrichter-Kollegen kommt auf den Juristen aus München eine besondere Neuerung zu. Erstmals wird beim Confed Cup die Torlinientechnik offiziell angewendet. 14 Kameras in jedem Stadion wurden installiert und zeigen genau an, ob der Ball im Tor war. „Das System ist wie ein Autopilot in einem Flugzeug. Es hilft, aber die letzte Entscheidung trifft der Pilot - also der Schiedsrichter“, sagte FIFA-Marketingdirektor Thierry Weil. FIFA-Chefreferee Massimo Busacca freute sich: „Von morgen an, werden die Schiedsrichter eine große Unterstützung haben.“