Dante: „Seleção ist ein Spiegel der Proteste im Land“
Salvador (dpa) - Bayerns brasilianischer Abwehrchef Dante ist endgültig in der Seleção angekommen. Der 29-Jährige spricht in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa über die Proteste im Land, die WM 2014 und seine Rolle als Spaßmacher in der Mannschaft des fünfmaligen Weltmeisters.
Dante, Ihre Heimatstadt Salvador gilt als das Zentrum der afrobrasilianischen Religion Candomblé. Inwiefern war es magisch, dass Sie hier bei ihrem Turnierdebüt ein Tor erzielt haben?
Dante:„Das lässt sich gar nicht in Worte fassen. Ich weiß, dass mein Vater vor dem Spiel für mich gebetet hat, um uns Kraft und Kreativität zu spenden. Ich bin mir sicher, dass dies noch mehr Leute hier in der Stadt für die Mannschaft getan haben. Wir waren geradezu umringt von positiven Energien. Candomblé ist sehr wichtig für das Volk von Bahia, auch ich glaube daran. Was ich vor Spielen mache, ist allerdings ein Geheimnis, das kann nicht verraten.“
Dabei hätten Sie vor einem Jahr wohl nicht einmal zu träumen gewagt, dass Sie hier mit der Seleção spielen werden?
Dante:„Das stimmt, ich habe nicht damit rechnen können. Für mich hat sich ein Kindheitstraum erfüllt. Hier habe ich als kleiner Junge das Fußballspielen gelernt, daher schließt sich für mich gewissermaßen ein Kreis. Es ist etwas ganz Besonderes, dass mich meine Familie einmal live in unserer Heimat spielen sehen konnte und die Menschen, die mich in meinem Leben am meisten unterstützt haben, bei meinem Debüt dabei waren. Es hat mir gutgetan, Verwandte und Freunde zu sehen. Es hat mich abgelenkt und mir sehr viel Kraft gegeben.“
Wie schwierig war es, als Champions-League-Sieger und Bayern-Stammspieler hier zunächst nur auf der Bank zu sitzen?
Dante:„Um ehrlich zu sein: Das ist gar nicht schwierig. Ich bin jeden Tag dankbar dafür, hier dabei sein zu dürfen. Unabhängig davon wer spielt, ist das Wichtigste, dass wir uns gegenseitig unterstützen und ein echtes Team bilden. Ich kann den anderen durch meine Anwesenheit viel geben, indem ich für gute Stimmung sorge und da bin, wenn ich gebraucht werde. Und davon, dass meine Chance irgendwann kommt, war ich überzeugt. Ich habe Recht behalten.“
Mit Ihrem Münchner Teamkollegen Luiz Gustavo verhält es sich genau umgekehrt: Beim FC Bayern ist er oft zweite Wahl, hier steht er in der Startelf. Hat er Sie deswegen schon aufgezogen?
Dante:„Er macht schon hin und wieder seine Späßchen. Er ist ziemlich froh darüber, hier zu spielen. Unserem Trainer gefällt, dass er die deutsche Arbeitsmoral verinnerlicht hat. Er ist einer, der die Gruppe unheimlich stärken kann und verdient es, hier zu spielen. Niemand ist beleidigt oder neidisch auf den anderen. Wir sind ein Team. Wenn wir gewinnen, ist das unser aller Sieg.“
Auch vor dem letzten Vorrundenspiel gegen Italien gab es wieder Demonstrationen in Brasilien. Wie bewerten Sie die Protestwelle, die seit dem Beginn des Confed-Cups durch Brasilien wogt?
Dante:„Solange die Proteste gewaltfrei ablaufen, finde ich sie sehr gut. Die Mannschaft unterstützt die Demonstranten und hat volles Verständnis für Sie, solange alles friedlich bleibt. Es ist schön, dass wir Spieler dazu beitragen können, dem brasilianischen Volk mit unserem Spiel Freude zu schenken. Wenn wir siegen, ist das eine Form der Unterstützung. Ich wünsche mir, dass die soziale Situation in unserem Land besser wird, dass wir vorwärtskommen. Die Entwicklung der Seleção ist in gewisser Weise ein Spiegelbild der aktuellen Entwicklungen im Land: Sie gehen beide einher und sind noch lange nicht abgeschlossen.“
Stellen denn ihre Bayern-Kollegen viele Fragen zur WM in ihrem Land?
Dante:„Sie interessieren sich vor allem für die Stadien und fragen, wie sie gebaut sind und wie die Atmosphäre ist. Dann empfehle ich ihnen immer, dass sie sich entspannen sollen. Sie müssen sich keinen Kopf machen, das brasilianische Publikum ist ein tolles Publikum. Das wichtigste ist, dass sie relaxed sind.“
Dazu, dass die Selecão bei guter Laune ist, tragen Sie einen erheblichen Anteil bei. Man hört, Sie geben in der Kabine immer den Vorsänger?
Dante:„Wir versuchen in unserer geringen Freizeit für gute Stimmung zu sorgen, damit wir uns entspannen. Wenn ich Musik mache, dann um die anderen vom Druck abzulenken. Mir macht es Spaß und es motiviert die anderen. Das hat schon bei den Bayern geholfen, für die ich ein kleines Lied erfunden habe.“
Das „kleine Lied“ ist im Internet ein ziemlicher Hit geworden. Wir wäre es mit etwas Neuem für die brasilianische Mannschaft?
Dante:„Noch habe ich mir nichts überlegt. Erst einmal müssen wir den Confed-Cup gewinnen. Und danach denke ich mir etwas Schönes aus.“