Das Fußballwunder von „Klein-Anfield“
Madrid (dpa) - Wie ein erfolgreicher Torero wurde Pablo Infante von den Fans auf den Schultern vom Platz getragen. Der glatzköpfige Torjäger ist der Star beim Drittligisten CD Mirandés, der mit einem 2:1-Sieg über Espanyol Barcelona ins Halbfinale des spanischen Fußballpokals einzog.
„Heute Nacht wird gefeiert, aber morgen früh muss ich wieder arbeiten“, sagte der 31-Jährige. Infante ist nicht nur Fußball-Profi und mit sieben Treffern der erfolgreichste Torschütze im diesjährigen Wettbewerb, sondern im Zweitberuf auch Leiter einer Sparkasse. Er hatte in der zweiten Minute der Nachspielzeit die Flanke geschlagen, die Innenverteidiger César Caneda mit dem Kopf zum Siegtreffer nutzte. Nach dem Abpfiff strömten die 6000 Fans im Anduva-Stadion, das wegen seiner englischen Atmosphäre auch „Klein-Anfield“ genannt wird, auf das Spielfeld und feierten ihre Helden.
Der Einzug eines Drittliga-Clubs ins Halbfinale grenzt in Spanien an ein Wunder, weil der Pokalwettbewerb in Hin- und Rückspielen ausgetragen wird. Bisher war dies nur UE Figueres vor zehn Jahren gelungen. 1931 erreichte gar der Viertligist Deportivo Logroño das Halbfinale.
Dem „Wunder von Klein-Anfield“ ging ein packender Fußballthriller voraus. CD Mirandés, aufgrund seiner roten Trikots wie die spanische Nationalelf „La Roja“ genannt, war im Hinspiel vor einer Woche in Barcelona 2:0 in Führung gegangen, dann aber vom Schiedsrichter auf skandalöse Weise benachteiligt worden und schließlich mit 2:3 geschlagen worden. Die Fans vermuteten Schiebung und drohten vor dem Rückspiel dem Unparteiischen damit, dass er im Ebro landen werde, der unweit vom Stadion durch die Stadt fließt.
Als Espanyol durch Rui Fonte (46. Minute) in Führung ging, deutete alles auf einen erwarteten Erfolg des viermaligen Pokalsiegers hin. Aber die Katalanen zeigten großen Respekt vor der Provinzelf und verschanzten sich in der Abwehr. Sparkassenchef Infante (58.) schoss den Ausgleich. Caneda (92.) brachte die Espanyol-Mauer ganz zum Einsturz. „Davon werden unsere Spieler noch ihren Enkeln erzählen“, sagte Trainer Carlos Pouso.
CD Mirandés schaltete drei Erstligisten aus: FC Villarreal, Racing Santander und Espanyol. Weltmeister wie Xavi, Gerard Piqué oder Iker Casillas übermittelten dem Drittligisten ihre Glückwünsche. „Ich beneide Euch“, schrieb der Nationaltorwart.
Während viele andere Clubs in der 3. Liga am Rande der Pleite stehen, stimmen beim CD Mirandés mit seinem Jahresbudget von 1,2 Millionen Euro auch finanziell die Bilanzen. „Ich habe immer pünktlich mein Gehalt bekommen“, berichtete Infante. Fast jeder Zehnte der 40 000 Einwohner von Miranda de Ebro ist Vereinsmitglied.
Die Kleinstadt in Nordspanien ist vor allem als Eisenbahnknotenpunkt bekannt. Politisch ist sie eine alte Hochburg der Linken. In den Anfangsjahren der Franco-Diktatur (1939-1975) erlangte sie traurige Berühmtheit, weil dort ein Konzentrationslager für Regimegegner eingerichtet wurde, das zeitweise von einem deutschen Nazi-Schergen geleitet wurde.