Die Macht des Geldes: WM in Russland und Katar

Zürich (dpa) - 2018 ins Riesenreich Russland, 2022 in den kleinen Wüstenstaat Katar: Die FIFA hat bei der Premiere der doppelten Vergabe von Fußball-Weltmeisterschaften auf neue Märkte und das große Geld gesetzt.

„Wir betreten Neuland, denn die WM war noch nie in Osteuropa und dem Mittleren Osten. Deswegen bin ich ein glücklicher Präsident“, schwärmte FIFA-Boss Joseph Blatter nach der von Korruptionsvorwürfen gegen mehrere Exekutivmitglieder überschatteten Wahl in Zürich.

Als Blatter um 16.37 Uhr in der Messe Zürich das mit Russlands Namen beschriftete Blatt aus einem versiegelten Umschlag zog, gab es vor allem bei der Delegation von Mitbewerber England lange Gesichter. „Ich bin unglaublich enttäuscht“, sagte Prinz William. Bei dem Versuch, das Milliarden-Event zum zweiten Mal nach 1966 austragen zu dürfen, scheiterte das Mutterland des Fußballs ebenso wie die favorisierte Weltmacht USA (1994) mit der Bewerbung für 2022.

DFB-Präsident Theo Zwanziger zeigte sich „überrascht“ vom Votum für Katar. Gleichwohl sieht der Boss des Deutschen Fußball-Bundes in der Entscheidung auch eine Chance. „Ich bin der Meinung, dass ein friedliches Fußballfest einen Beitrag zur politischen Stabilisierung in dieser Region leisten kann“, sagte Zwanziger. Für Russland biete die Ausrichtung des Turniers vier Jahre zuvor ebenfalls eine große Möglichkeit. Er sei überzeugt, dass die WM dem Land „einen großen Schub geben wird“, erklärte Zwanziger.

„Hurra! Sieg! Wir bekommen die Weltmeisterschaft 2018!“, jubelte Russlands Staatspräsident Dmitri Medwedew via Twitter. Ministerpräsident Wladimir Putin, der der Vergabe ferngeblieben war, kündigte umgehend seine Reise nach Zürich an. Er versprach eine WM „auf höchstem Niveau. Dafür werden wir alles tun.“

Russland setzte sich gegen England, das mit nur zwei Stimmen schon im ersten Wahlgang kläglich scheiterte, sowie gegen die gemeinsamen Bewerbungen von Spanien/Portugal und der Niederlande und Belgiens durch. „Es ist schwer zu sagen, was wir mehr hätten tun können“, klagte Großbritanniens Premier David Cameron. „Es ist natürlich hart, ohne die WM nach Hause zu kommen“, meinte David Beckham.

„Lasst uns zusammen Geschichte schreiben“, rief Russlands Vize-Regierungschef Igor Schuwalow dagegen euphorisch den FIFA-Mitgliedern zu. Vier Jahre zuvor, wenn Brasilien die Endrunde ausrichtet, findet mit den Olympischen Winterspielen in Sotschi ein weiteres sportliches Großereignis in Russland statt. „Die WM wird viel Gutes tun in diesem Teil der Welt“, meinte Blatter.

Im Rennen um den Zuschlag für das nach Olympia lukrativste Sport- Ereignis der Welt ging das russische Kalkül voll auf. Bei der abschließenden Präsentation hatte Sportminister Witali Mutko der FIFA im Falle des Zuschlages satte Millionengewinne in Aussicht gestellt. Aus der Wirtschaft sei über eine Milliarde Dollar in das Sponsoring der Olympischen Winterspiele investiert worden. Da der Fußball in Russland die Sportart Nummer 1 sei, könne man bei der WM mit noch höheren Zuwendungen rechnen.

Allerdings stehen in den kommenden Jahren große Herausforderungen vor den WM-Machern. Die riesigen Distanzen zwischen den geplanten 13 Spielorten gelten als Problem, zumal die Flug- und Zugverbindungen schlecht sind. Von den 16 Spielstätten müssen 13 neu gebaut oder komplett umgebaut werden. Die veranschlagten Gesamtkosten liegen bei 3,82 Milliarden Dollar.

„In Russland werden unglaublich große Anstrengungen unternommen, um den Fußball weiter voranzubringen“, sagte der nun für Dynamo Moskau aktive Ex-Nationalstürmer Kevin Kuranyi der Nachrichtenagentur dpa und prophezeite: „Die WM wird da noch mal eine richtige Schubkraft entwickeln. Im Übrigen sind die Strecken kürzer als bei der WM 1994 in den USA.“

Die Petro-Dollars der Scheichs aus dem Land am Persischen Golf und die Aussichten, eine ganze Region neu für den Fußball zu erschließen, bewogen die 22 Exekutivmitglieder offenbar zum Votum für Katar. Neben den USA scheiterten auch Australien, Japan und Südkorea. „Im Namen der Millionen Menschen, die im Nahen Osten leben, danke ich der FIFA für diese mutige Entscheidung. „Danke, dass Sie an uns glauben, an den Wandel glauben. Wir haben im Sommer 2022 ein Rendevouz mit der Geschichte“, sagte Katars Bewerbungschef, Scheich Mohammed bin Hamad Al-Thani.

Nur 1,6 Millionen Menschen leben in dem kleinen Land. Dennoch versprach Staatsoberhaupt Scheich Mohammed bin Chalifa Al-Thani: =„Die erste WM auf arabischem Boden wird etwas ganz Besonderes. Der Fußball wird die Kulturen weiter verbinden. Dass wir so eine Veranstaltung organisieren können, haben wir bei den Asien-Spielen 2006 bewiesen.“

Die Einwohner feierten den WM-Zuschlag mit Vuvuzela-Tröten und Autokorsos. „Ein Traum geht in Erfüllung“, riefen über 10 000 Fans vor einer Großleinwand im restaurierten Wafik-Basar der Hauptstadt Doha im Chor. Weil die WM erstmals in einem arabischen Staat ausgetragen wird, herrschte auch in Riad, Kairo und Beirut Jubel.

Von den sieben Spielorten liegen fünf im Umkreis von 25 Kilometern - es wird damit eine WM der kurzen Wege. Geplant sind zwölf Spielstätten, die Kosten werden mit 2,87 Milliarden Dollar veranschlagt. Geld spielt für die Scheichs aber keine Rolle. Das Hitzeproblem mit Temperaturen von bis zu 50 Grad lösen sie mit einer teuren technischen Revolution: Alle WM-Stadien werden klimatisiert sein.

Von der Vergabe könnte auch die Deutsche Bahn profitieren, die in Katar beim Bau eines modernen Schienennetzes helfen soll. Nach Einschätzung von Beobachtern vor Ort werden die Bahnstrecken jetzt wohl schneller fertiggestellt als ohne die WM.