Doppelte WM-Vergabe im Schatten der Korruption

Zürich (dpa) - Erstmals in der Geschichte vergibt der Fußball-Weltverband FIFA gleich zwei Weltmeisterschaften auf einmal. Doch die Premiere steht unter keinem guten Stern. Neue Korruptionsvorwürfe gegen drei Exekutivmitglieder werfen einen dunklen Schatten auf die Wahl.

Stars und Sternchen sollen bei der Premiere einer doppelten WM-Vergabe für Glitzer und Glamour sorgen, doch die dunklen Korruptionswolken werden auch Staatsmänner wie Bill Clinton, Wladimir Putin und David Cameron nicht beiseiteschieben können. In der Schlammschlacht zwischen den Bewerbern hat die Glaubwürdigkeit des Fußballs in den vergangenen Wochen stark gelitten, durch die neue Affäre um drei bestechliche FIFA-Funktionäre ist sie endgültig ausgelöscht worden.

Gerüchte über Absprachen zwischen Kandidaten, Suspendierung von zwei korrupten Exekutivmitgliedern, verbale Scharmützel der Kandidaten ­ die schönste Nebensache der Welt ist im Vorfeld der Wahl der WM-Gastgeber 2018 und 2022 in Zürich zu einem Schmierentheater verkommen.

Theo Zwanziger äußerte sich vor dem Tag der Wahrheit entsprechend sorgenvoll. „Es stellt sich die Frage: Wie nehmen die Verlierer die Entscheidung auf?“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Schon in der Affäre um die suspendierten Exekutivmitglieder Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Amadu (Nigeria), die ihre Stimme zum Kauf angeboten hatten, sei der Eindruck entstanden, dass Menschen „in diesen Entscheidungsgremien käuflich“ seien, hatte Zwanziger bereits nach seiner Wiederwahl als DFB-Boss Ende Oktober gesagt.

Obwohl sich viele der 22 stimmberechtigten Exekutivmitglieder bereits auf ihren Favoriten festgelegt haben, gehen die Kandidaten mit Feuereifer in die Präsentation ihrer Bewerbung. Am 1. Dezember dürfen Australien, Südkorea, Katar, die USA und Japan jeweils 30 Minuten für die Ausrichtung der WM 2022 werben, am folgenden Tag buhlen Belgien/Niederlande, Spanien/Portugal, England und Russland um die Stimmen der Wahlmänner für die Endrunde 2018. Um den Zuschlag zu bekommen, wird die absolute Mehrheit benötigt.

Die Schwergewichte wie England, Russland und die USA setzen auf prominente Unterstützung. Ein großes Aufgebot schickt das Mutterland des Fußballs ins Rennen, das letztmals 1966 eine WM ausrichten durfte: Premierminister David Cameron wird unter anderen von Prinz William, David Beckham und Sir Bobby Charlton unterstützt. „Wir haben immer gesagt, dass das ganze Land hinter der Bewerbung steht, und unsere Delegation spiegelt das wieder. Wir wollen bis zur letzten Minute für uns werben“, sagte Bewerbungschef Andy Anson.

Dabei spielen die Engländer vor allem die Trumpfkarte Tradition. „Fußball ist unser Nationalsport. Er ist Teil unserer Nationalkultur“, erklärte Regierungschef Cameron. Selbst die alte Rivalität mit dem Erzrivalen wird ausgeblendet. „Deutschland hat 2006 eine großartige WM ausgerichtet. Unterstützt von Deutschland, würde England sicherlich ein Turnier veranstalten, das dem in nichts nachsteht. Ich bin überzeugt, dass die deutschen Fans über eine WM in England begeistert wären“, sagte Cameron.

Als scharfe Rivalen gelten Russland sowie Spanien/Portugal, die sich wie die Außenseiter Belgien/Niederlande gemeinsam bewerben. Die Iberer sollen angeblich schon sieben Stimmen aus dem Exekutivkomitee sicher haben. Sollte dies tatsächlich so sein, wären sie mehr als nur ein Geheimfavorit.

Für 2022 dürfte sich das Rennen zwischen Australien, Katar und den USA entscheiden. Die Amerikaner, bereits 1994 Endrunden-Gastgeber, vertrauen bei ihrer Präsentation auf den Charme von Ex-Präsident Bill Clinton sowie den charismatischen Film-Star Morgan Freeman. Bewerbungschef Sunil Gulati erklärte zuversichtlich: „Die FIFA weiß, dass wir das können, wir haben es schon einmal gut gemacht ­ und wir können das noch mal machen.“

Der Wüstenstaat Katar protzt mit seiner Finanzkraft. 42,9 Milliarden Dollar wollen die Scheichs in die Infrastruktur investieren. Alleine vier Milliarden für Stadien, die danach teilweise komplett wieder abgebaut würden. Der befürchteten Hitze von 50 Grad wollen die WM-Planer Katars bei der „WM der kurzen Wege“ mit einem Kühlsystem begegnen.