Experiment von England-Coach Hodgson geht schief
London (dpa) - Roy Hodgson suchte gar nicht erst nach Ausreden. Nach der 0:2 (0:1)-Pleite am Freitag im Testspiel gegen Chile gab sich der Coach der englischen Fußball-Nationalmannschaft selbst die Schuld an der Niederlage.
„Ich bin das Risiko eingegangen“, sagte der 66-Jährige, der seine Mannschaft im Vergleich zu den WM-Qualifikationsspielen erheblich verändert hatte. Vier Tage vor dem Duell mit Deutschland sei sein Plan nach hinten losgegangen, deswegen müsse er auch „die Verantwortung übernehmen“.
Statt sich für das prestigeträchtige Aufeinandertreffen mit der DFB-Auswahl am Dienstag im Wembleystadion warm zu schießen, mussten die Three Lions nach zehn Länderspielen ohne Niederlage einen Rückschlag hinnehmen. Zuletzt hatte England am 14. November 2012 2:4 gegen Schweden verloren. Die letzte Zwei-Tore-Niederlage in Wembley hatte es 1999 beim 0:2 gegen den damaligen Weltmeister Frankreich gegeben. Gegen Chile warten die Three Lions seit 60 Jahren auf einen Erfolg. Seit Queen Elizabeth II. gekrönt wurde, gab es nicht mal einen Treffer gegen die Südamerikaner, die ebenfalls für die Weltmeisterschaft 2014 qualifiziert sind. Chile hat nun in den vergangenen 13 Partien nicht verloren.
Hodgson hatte auf der Suche nach seinem WM-Kader gleich drei Debütanten in die Startelf eingebaut. Keeper Fraser Forster stand für die zuletzt umstrittene Nummer eins Joe Hart im Tor, im Feld feierten Adam Lallana und Jay Rodriguez vom FC Southampton ihre Premiere. Zudem fehlten über ein Dutzend Stammkräfte aufgrund von Verletzungen, darunter auch Kapitän Steven Gerrard.
Hodgson hatte im Vorfeld geklagt, dass ihm wenig Zeit bis zur ersten Nominierung der Spieler für die Endrunde in Brasilien bleibe. Nach dem Deutschland-Spiel steht für England vor der Kader-Bekanntgabe nur noch ein Test gegen Dänemark im März 2014 an. Gegen Chile hat sich mit Ausnahme des 19-jährigen Ross Barkley vom FC Everton niemand aufgedrängt. Ganz im Gegenteil: Obwohl Hodgson meinte, keinen Spieler abschreiben zu wollen, war die Partie wohl eher für die Reservisten - wie Ashley Cole vom FC Chelsea - ein Schritt in Richtung Check-In-Schalter für Brasilien.
Entsprechend negativ waren die Kritiken in den Zeitungen. Der „Daily Telegraph“ meinte: „England muss sich deutlich steigern, um nächsten Sommer die Gruppenphase zu überstehen.“ Die „Sun“ schrieb: „Wenn wir so spielen, sitzen wir im ersten Flieger, der Rio verlässt“ und klagte: „Neue Gesichter, alte Fehler“. Vor allem auf die Defensive hatten es die Blätter abgesehen. Die sah vor den beiden Treffern des chilenischen Superstars Alexis Sanchez vom FC Barcelona (7./90.+3) aber auch wirklich nicht gut aus. Am Ende buhten sogar einige Fans, obwohl die Öffentlichkeit Hodgson zuvor beinahe dazu genötigt hatte, dem Nachwuchs eine Chance zu geben.
Für das Spiel gegen Deutschland kündigte der Trainer an, wieder auf erfahrenere Spieler zurückzugreifen. „Joe Hart wird beginnen. Das gilt auch für den Großteil der Spieler, die die Qualifikation gespielt haben“, meinte Hodgson. Dennoch schrieb die „Sun“, England drohe am Dienstag die nächste Lektion.