Figo fordert Blatter - Van Praag offerierte Beraterjob
Zürich (dpa) - Im bizarren Machtkampf um das Amt als FIFA-Präsident hat Joseph Blatter den nächsten Konkurrenten bekommen - und dieser Name lässt die Herzen vieler Fußball-Fans höherschlagen: Luís Figo.
Der Portugiese erklärte seinen Willen, bei der Wahl am 29. Mai in Zürich anzutreten und den skandalumwitterten Weltverband aus der Krise zu führen. „Ich freue mich, meine Kandidatur für die FIFA-Präsidentschaft zu verkünden. Fußball hat mir in meinem Leben so viel gegeben, und ich will etwas zurückgeben“, twitterte der 42-Jährige.
Mit diesem Paukenschlag überstrahlte der adrette Portugiese die erste Wahlkampf-Pk der Niederländers Michael van Praag. Der Oranje-Boss überraschte dabei mit einer Aussage, die wenig nach dem versprochenen Aufbruch aus dem FIFA-Sumpf klingt. Amtsinhaber Blatter sollte unter van Praag FIFA-Berater bleiben - dieser verzichtete aber erwartungsgemäß auf solch einen Deal.
Beim US-Sender CNN begründete Figo nur einen Tag vor Ablauf der Bewerbungsfrist seinen durchaus überraschenden Schritt: „Wenn man nach der FIFA im Internet sucht, ist das erste Wort, das erscheint: Skandal - keine positiven Wörter. Das ist es, was wir als erstes ändern müssen, um das Image der FIFA zu verbessern. Der Fußball verdient Besseres“, sagte Figo.
„Ich war darüber informiert, dass Figo kandidieren möchte. Es ist ein großer Name des Weltfußballs, der die Wahl noch spannender machen kann“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Eine Wahlaussage des größten Verbandes ist daraus aber nicht abzuleiten. Noch hat sich der DFB nicht festgelegt, an wen seine Stimme gehen soll. Derzeit gilt van Praag als deutscher Favorit.
Figo war Weltfußballer des Jahres 2001 - die Trophäe bekam er damals auch von Blatter überreicht. Bei den WM-Turnieren 2002 und 2006 spielte der Mittelfeldstratege für Portugal, im Spiel um Platz drei gegen Deutschland (1:3) bestritt er sein letztes von 127 Länderspielen. Im Club-Trikot war er unter anderem für die Top-Vereine Real Madrid, FC Barcelona und Inter Mailand aktiv. 2009 beendete er seine Karriere.
Für seine Kandidatur muss Figo nachweisen, dass er in den vergangenen fünf Jahren mindestens zwei Jahre eine aktive Rolle im Fußball gespielt hat und die Unterstützung von fünf nationalen Verbänden haben. Letzteres Kriterium hat Figo nach eigenen Angaben erfüllt. Die FIFA-Kommission für Audit und Compliance muss bewerten, ob Figos vorwiegend kommerziell motivierte Auftritte der jüngeren Vergangenheit - beispielsweise als Repräsentant eines UEFA-Sponsors und eines Wettanbieters aus Asien - als Fußball-Engagement gewertet werden können. Sonst wäre eine Kandidatur schon früh gescheitert.
Der portugiesische Verband fühlte sich geehrt“ durch die Kandidatur Figos. Für welche Fraktion im mittlerweile zerstrittenen Funktionärsensemble der Blatter-Freunde und Blatter-Feinde der einstige Ballvirtuose aber in das Präsidentenrennen geht, ist vorerst unklar. Als starker europäischer Kandidat hätte der charismatische Figo durch seinen guten Namen noch am ehesten Chancen, Blatter sicher geglaubte Stimmen aus Afrika oder Asien zu entreißen.
„Ich habe gesehen, dass sich das Bild der FIFA verschlechtert und in meinen Gesprächen mit vielen Menschen im Fußball - Spielern, Managern und Verbandspräsidenten - haben diese mir gesagt, dass etwas getan werden muss“, sagte Figo.
Zur Figo-Bewerbung wollte sich van Praag nicht äußern, da er den Portugiesen nicht persönlich kenne. Er sehe sich nicht explizit als europäischer Kandidat, auch habe er keinen Kontakt zu UEFA-Chef Michel Platini gehabt, der selbst nicht gegen Blatter antreten will. Ähnlich wie Blatter betonte van Praag, er wolle den Verteilungsschlüssel für WM-Startplätze modifizieren - zulasten der bislang 13 europäischen Teilnehmer.
Kurios war in jedem Fall, dass Figo unmittelbar vor der van Praag-Pk seine Bewerbung lancierte und dem UEFA-Funktionär somit die Show stahl. Abzuwarten bleibt, wie sich Blatter gegen die diversen Kontrahenten positionieren wird - bei seinen vier bisherigen Wahlkämpfen hatte er es mit maximal einem Gegner zu tun.
Mitbewerber Jérôme Champagne hatte wenige Stunden zuvor in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur vor einem „Krieg zwischen FIFA und UEFA“ gewarnt und beklagt, dass er mit seinen programmatischen Ideen im Machtgeflecht der internationalen Verbände chancenlos sei.
Vor Figo hatten Blatter, FIFA-Vize Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien, Champagne, van Praag und der französische Ex-Nationalspieler David Ginola ihre Bewerbung für die Wahl beim FIFA-Kongress am 29. Mai angemeldet. Da Blatter bereits Zusagen der stimmberechtigten Verbände aus Afrika, Asien und Ozeanien hat, gilt eine fünfte Amtszeit des in Europa umstrittenen FIFA-Chefs als sehr wahrscheinlich. Figo gibt sich aber kämpferisch: „Es gibt so viele Beispiele im Fußball, man kann gegen die stärkste Mannschaft spielen, oder gegen das schwächste Team und man weiß nicht, wer gewinnt.“
Nicht ins Rennen um das Amt geht der Chilene Harold Mayne-Nicholls. Das kündigte der Fußball-Funktionär in Santiago de Chile an. Er sehe sich bereits durch andere Kandidaten vertreten, begründete der Journalist und Ex-Präsident des chilenischen Fußballverbandes seine Entscheidung in einer Pressekonferenz. Er denke zudem, dass andere Bewerber besser vorbereitet seien als er, und er werde ihnen so gut er könne helfen. Mayne-Nicholls stützt bei den Wahlen am 29. Mai in Zürich den niederländischen Verbandschef Verbandschef Michael van Praag und FIFA-Vize-Präsident Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien.