Fink zufrieden bei Austria Wien: „Viel Vertrauen“
Wien (dpa) - Der deutsche Fußballtrainer Thorsten Fink hat seit dieser Saison das Sagen beim traditionsreichen österreichischen Bundesliga-Club Austria Wien. Der 48-Jährige steht mit seiner Elf nach 15 von 36 Spieltagen auf dem ersten Platz.
Zumindest aktuell sind die vergangenen beiden schlechten Austria-Jahre vergessen. Die Mannschaft war zuletzt in der Saison 2012/2013 mit Peter Stöger als Trainer Meister geworden, hatte danach aber zweimal enttäuscht. Fink, von 2011 bis 2013 Trainer beim Hamburger SV, schätzt vor allem das positive Umfeld in Wien. „Man schenkt mir hier viel Vertrauen“, sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Nach knapp der Hälfte der Saison Platz eins. Ist das mehr als eine Momentaufnahme?
Thorsten Fink: Es ist uns gelungen, die negative Stimmung der vergangenen zwei Jahre aus dem Verein rauszubringen. Das Teamwork stimmt. Die Basis für den Erfolg sind unbedingter Siegeswillen, Leidenschaft, Kameradschaft.
Was unterscheidet Ihre ersten Monate in Wien von anderen Trainerstationen?
Fink: Man schenkt mir hier viel Vertrauen und lässt mich machen. Das war in der Schweiz beim FC Basel ähnlich. Beim HSV konnte ich nicht alles so machen, wie ich das gern gehabt hätte. Aber ich will betonen, auch die Zeit in Hamburg war schön.
Sie haben den FC Ingolstadt von der 3. Liga in die 2. Bundesliga geführt. Was sagen Sie zum aktuellen Auftritt der Ingolstädter in der Bundesliga?
Fink:Es ist sensationell, was da passiert. Die Trainingsmöglichkeiten sind inzwischen erste Sahne. Das war zu meiner Zeit ganz anders. Da sieht man, was ein starker Sponsor (Audi) ausmacht.
Wie sehen Sie die Spielstärke im österreichischen Fußball?
Fink: Im Vergleich zur Zeit vor zehn Jahren hat sich die Liga gut entwickelt. Die Spitze ist etwas breiter geworden, es wird weniger rustikal gespielt. Dazu kommt aktuell die Euphorie rund um die Nationalmannschaft, die sich auch etwas auf die Liga überträgt.
Österreich steht mit seinem Nationalteam erstmals auf Platz zehn der FIFA-Weltrangliste. Was trauen Sie der Mannschaft bei der EM kommendes Jahr in Frankreich zu?
Fink: Österreich kann jede Mannschaft schlagen. Es wird stark auf die Gruppen-Auslosung ankommen, was möglich ist. Sie (die Spieler) haben jedenfalls viel Selbstvertrauen. Und gewonnen wird im Kopf. Auch Griechenland ist mal Überraschungs-Europameister geworden.
Welche Art Fußball bekommt ein Verein eigentlich, wenn er Thorsten Fink engagiert?
Fink: Er bekommt Ballbesitz-Fußball. Agieren statt reagieren. Visionen und Ziele sind wichtig. Idealerweise verkörpert schon der Verein als solcher eine bestimmte Spielkultur - und sucht sich dann den Trainer, der dazu passt.
Was ist Ihre Weiterbildungs-Philosophie als Trainer?
Fink: Immer wachsam sein, von anderen lernen, sich das Gute aneignen, ohne plump nachzueifern. Bisher hat mich jede Station weitergebracht.
Welche Entwicklungen sehen Sie aktuell im Fußball?
Fink: Es gibt noch viele Dinge, die man verbessern kann. Das gilt nicht zuletzt für die Ernährung. Wenn man die optimiert, hilft das auch der Konzentrationsfähigkeit in der letzten Viertelstunde. Da würde mancher Fehlpass nicht passieren.
Was sagen sie zur Affäre um das möglicherweise gekaufte „Sommermärchen 2006“?
Fink: Das ist alles bitter und wäre - wenn es stimmt - nicht zu akzeptieren. Ich fürchte aber, dass sich Deutschland nur den Gepflogenheiten angepasst hat.
Welche Pläne haben Sie?
Fink: Ich habe keine konkreten Pläne. Hier habe ich eine tolle Mannschaft, hier herrscht Aufbruchstimmung. Es könnte auch ein längeres Engagement werden. Richtig bleibt aber auch, dass mich irgendwann eine Rückkehr in die Bundesliga reizen würde.
ZUR PERSON: Thorsten Fink hat unter anderem für Borussia Dortmund, den Karlsruher SC und Bayern München gespielt. Seine Trainer-Laufbahn startete er bei den Amateuren von Red Bull Salzburg. Später war er Trainer in Ingolstadt, Basel und Hamburg. Seit Juli ist er in Wien.