Vorwurf: Terrorpropaganda Fußball-Profi Deniz Naki in Türkei freigesprochen
Istanbul (dpa) - Deniz Naki war „glücklich und erleichtert“ nach seinem Freispruch vor einem Gericht in der Kurdenmetropole Diyarbakir.
„Ich muss ehrlich sagen: Da ich die Gerichte in der Türkei nicht einschätzen kann, wusste ich nicht, was mich erwartet“, sagte der Fußball-Profi in einem Interview mit der „Welt“. Der 27-Jährige war wegen Terrorpropaganda angeklagt. „Jetzt bin ich einfach nur froh, dass das Ganze ein Ende hat und sich meine Familie und Freunde und alle, die hinter mit standen, keine Sorgen mehr machen“, sagte Naki. In Deutschland hat er beim FC St. Pauli und dem SC Paderborn gespielt.
Überraschend sprach das Gericht in der Kurdenmetropole Diyarbakir Naki am 8. November nach Angaben seines Anwalts Soran Haldi Mizrak frei. Auch die türkische Nachrichtenagentur DHA meldete Freispruch. „Erst wurde vorgelesen, wofür ich angeklagt wurde. Ich habe dann gesagt, dass ich hundert Prozent hinter dem stehe, was ich gepostet habe. Dass das eine Friedensbotschaft war, dass ich nicht will, dass Menschen sterben. Am Ende hat der Staatsanwalt gesagt, dass das unter freie Meinungsäußerung fällt“, berichtete Naki. „Er meinte, dass Gericht soll mich freisprechen. Und das hat der Richter dann gemacht.“
In der ursprünglichen Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft Naki Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vorgeworfen und fünf Jahre Haft gefordert. Vor Gericht habe dann ein anderer Staatsanwalt den Freispruch für Naki gefordert, sagte sein Anwalt.
Auslöser war unter anderem ein Facebook-Eintrag des 27-jährigen Fußballers. Nachdem sein aktueller Verein Amed SK im Januar im Pokal gegen den Erstligisten Bursaspor gewonnen hatte, schrieb Naki unter anderem, der Sieg sei denen gewidmet, „die bei den Grausamkeiten, die seit über 50 Tagen auf unserem Boden stattfinden, getötet oder verletzt wurden“.
Zum PKK-Vorwurf sagte Naki der „Welt“ weiter: „Ich habe immer gesagt: Ich möchte nicht, dass Menschen sterben.“ Es sei ihm egal von welcher Seite die Gewalt komme. „Mir geht es darum, dass der Krieg aufhört.“
Prozessbeobachter und Linken-Abgeordneter Jan van Aken wertete den Ausgang des Verfahrens als Zeichen dafür, dass „der internationale Druck mal funktioniert hat“. Der Politiker forderte: „Deswegen wünsche ich mir, dass die Bundesregierung Taten folgen lässt, damit sich was ändert in der Türkei.“ Am Prozess nahm auch ein Beobachter der deutschen Botschaft in Ankara teil. Der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu schrieb auf Twitter: „Das Verfahren selbst war eine Farce!“
Nakis Kritik an der Kurdenpolitik der islamisch-konservativen AKP-Regierung hatte dem Fußballer schon in der Vergangenheit Ärger eingebracht. Wegen angeblicher Propaganda war Naki vom türkischen Fußballverband für zwölf Spiele gesperrt worden. Der Verband warf ihm damals „ideologische Propaganda“ und „unsportliche Äußerungen“ vor. Nakis Verein Amed SK ist in der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir (kurdisch: Amed) beheimatet.
Die türkische Regierung führt seit Sommer vergangenen Jahres eine Militäroffensive gegen die PKK im Südosten des Landes. Immer wieder werden Ausgangssperren verhängt, unter denen vor allem die Zivilbevölkerung leidet. Die PKK wiederum verübt Anschläge vor allem auf Sicherheitskräfte. Ein mehr als zwei Jahre anhaltender Waffenstillstand war im Juli 2015 gescheitert.