Hodgson 13. Nationalcoach in England

London (dpa) - Weltenbummler Roy Hodgson ist zum neuen englischen Nationaltrainer ernannt worden - und nicht der zuvor als Top-Favorit gehandelte Harry Redknapp.

Der 64-jährige Hodgson erhält einen Vierjahresvertrag für die kommenden drei großen Turniere und soll die „Three Lions“ erstmals am 2. Juni gegen Belgien in Wembley betreuen, dem letzten Test-Länderspiel vor der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. „Er war der herausragende Kandidat, wir haben nur eine Kontaktaufnahme unternommen“, sagte FA-Verbandsboss David Bernstein. „Roy ist ein Trainer mit großer internationaler Erfahrung. Er hat Erfahrung bei den wichtigen Turnieren.“

Hodgson, bis Saisonende noch beim Premier-League-Club West Bromwich Albion unter Vertrag, folgt auf den Anfang Februar zurückgetretenen Italiener Fabio Capello. „Es ist ein stolzer Tag für mich, ich bin ein sehr glücklicher Mann“, sagte Hodgson, der schon Auswahl-Coach der Schweiz (1992-95), der Vereinigten Arabischen Emirate (2002-04) und Finnlands (2006-07) war.

Der Schritt, der sich seit Sonntagabend abgezeichnet hatte, löste Skepsis im Fußball-Mutterland aus. Tottenham-Hotspur-Trainer Redknapp war der Liebling und klare Favorit der Öffentlichkeit und Spieler. „Das große Glücksspiel mit Hodgson“, titelte die „Times“. Von einer „schockierenden Wahl“ schrieb der „Guardian“. Der „Daily Mirror“ nannte Hodgson „Ja-Sager im Blazer“. „England erwartet nicht viel, Roy, das sollte dir helfen“, meinte Torjäger-Legende Alan Shearer.

Hodgson passt ins Anforderungsprofil. Er ist nicht nur Engländer, sondern ein „Englishman“ mit Stil. Nach der Rassismus-Affäre um Ex-Kapitän John Terry kommt das der auf ihr Image bedachten FA gelegen - eher als Redknapp. In seinem Steuer-Prozess, in dem er im Februar freigesprochen wurde, sorgte der Tottenham-Erfolgscoach für peinliche Schlagzeilen: Er benannte ein Konto in Monaco nach Hund „Rosie“ und gab zu, „wie ein Zweijähriger“ zu schreiben. Redknapp gilt auch als ein Querkopf - Hodgson als „sichere“ Variante.

Hodgson schien seine erfolgreichste Zeit bereits hinter sich zu haben - ehe er mit dem kleinen Club West Bromwich als derzeitiger Zehnter der Premier League aufhorchen ließ. Deutsche Fans kennen ihn auch als unterlegenen Inter-Mailand-Trainer im UEFA-Cup-Finale gegen Schalkes „Eurofighter“ 1997. Als Nationalcoach erlebte der Kosmopolit seine beste Zeit mit der Schweiz, die er 1994 in den USA ins WM-Achtelfinale führte. Seine bittersten Stunden als Clubtrainer hatte er in Liverpool, wo er 2011 nach nur 191 Tagen geschasst wurde.

Mit ihrer knapp dreimonatigen Trainersuche bekleckerte sich die FA nicht mit Ruhm. Interimscoach Stuart Pearce wusste bis vor ein paar Tagen nicht, ob er nicht nur das Team GB zu Olympia führt, sondern auch England zur EM. Dilettantismus? Oder Berechnung?

Sollte die wochenlange Redknapp-Mania erst abebben? Nicht nur Shearer und Superstar Wayne Rooney hielten den Spurs-Coach und Motivationsguru für die ideale Wahl als 13. englischer Nationaltrainer. Redknapp bekundete selbst: „Das ist der ultimative Job für einen Engländer.“ Nun sagte er: „Viel Glück für Roy.“

Wieso ist Redknapp ungewollt? Animositäten gegen ihn in dem für die Trainerwahl verantwortlichen Vierer-Gremium sollen auch eine Rolle gespielt haben. Zudem hätte Redknapp laut „Times“ aus seinem Vertrag für zehn Millionen Pfund (knapp 12 Mio. Euro) herausgekauft werden müssen - Hodgson ist ablösefrei. Tottenham ließ jedoch wissen, man sei vom Verband nie wegen einer möglichen Ablöse kontaktiert worden.