Jermaine Jones: New Englands Herz, Hirn und Hoffnung
Boston (dpa) - Jermaine Jones' Kapitel in der Major League Soccer (MLS) begann mit einem Missverständnis. „Ich freue mich auf mein neues Team in Boston“, hatte der ehemalige Bundesliga-Profi getwittert, nachdem er seitens der Liga per Losentscheid New England Revolution zugeteilt worden war.
Freunde meldeten sich daraufhin beim US-Nationalspieler und machten ihm klar, dass seine neue sportliche Heimat nicht in der Millionen-Metropole liege, sondern 40 Autominuten südwestlich, in Foxborough - mitten in Massachusetts. Keine Wolkenkratzer, kein Großstadt-Flair, sondern lediglich ein riesiges Football-Stadion, ansonsten amerikanische Kleinstadt-Atmosphäre.
Mittlerweile findet Jones sich bestens zu Recht - geografisch und sportlich sowieso. Der 33-Jährige ist genau das, was sich alle bei den „Revs“ von ihm erwartet hatten: Herz, Hirn und Hoffnungsträger. Auch am 23. November, wenn New England im Halbfinal-Hinspiel der MLS-Playoffs bei den New York Red Bulls mit Thierry Henry antritt. „Er hat dafür gesorgt, dass unsere Konzentration besser und die Intensität im Training höher ist“, sagt Stürmer Charlie Davies. „Das Erste, was er vor einem Spiel sagt: 'Wir gewinnen'“, ergänzt Verteidiger A.J. Soares. „Und wenn er spielt, gewinnen wir tatsächlich. Jermaine macht seine Mitspieler besser.“
So in etwa hatte es Jones auch bei seiner Vorstellung am 25. August angekündigt. Wer ihn kenne, wisse, dass er denjenigen, der nicht mitziehe, in den Hintern trete, hatte Jones betont - und damit für Gelächter gesorgt. Auch Robert Kraft schmunzelte. Er ist der Besitzer der New England Patriots aus der NFL sowie der Revolution.
Der Multi-Milliardär galt in Sachen Soccer immer als knausrig. Nachdem er jedoch sah, wieviel Hype dieser Sport während der Weltmeisterschaft in den USA ausgelöst hatte, war Kraft auf der Suche nach jemandem, der das junge, talentierte, aber relativ unerfahrene Revs-Team anführen kann. Er fand ihn in Jones, der sich durch seine WM-Auftritte in Amerika einen Namen gemacht hatte - und seinen Status genoss. Jones' Instagram-Account zeigte im Sommer Fotos mit Mike Tyson, Charlie Sheen oder Paris Hilton.
Für den Mann mit den Rastalocken und den unzähligen Tattoos öffnete Kraft seine Privat-Schatulle so weit wie noch nie zuvor für einen Fußballer. Jones verdient in 18 Monaten 4,3 Millionen Dollar, ist somit in der Gehaltsliste der MLS unter den Top Ten und der teuerste Spieler in New Englands Vereinsgeschichte.
Als Jones unterschrieb, stand der Club in der Eastern Conference auf Rang sechs, außerhalb der Playoff-Plätze und hatte nur eines der vorherigen elf Spiele gewonnen. Dann kam der Mittelfeldmann und mit ihm der Erfolg: zwölf Spiele, zehn Siege, eine Niederlage, zwei Tore (beide Siegtreffer), fünf Vorlagen. Der Zuschauerschnitt stieg gegenüber dem Vorjahr um mehr als 2000 auf 16681. Das ist im Vergleich zur Arena-Kapazität von rund 70000 immer noch wenig, aber zum letzten Vorrundenspiel gegen Toronto kamen sogar 32766 Fans.
„Jones' Ankunft hat alles verändert“, schrieb die Tageszeitung „Boston Globe“. Trainer Jay Heaps lobt den „exzellenten Fußball-Verstand“ seines namhaften Neuzugangs. Und Jones wiederum genießt die Freiheiten, die ihm der Coach gibt.