Kapverdisches Märchen: Beim Afrika Cup 2013 dabei
Cidade de Praia (dpa) - Als ihre Blauen Haie im fernen Jaunde eine der größten Fußball-Sensationen Afrikas geschafft hatten, strömten die Menschen auf den Kapverden jubelnd auf die Straßen. Zu Fuß, in Autos und auf den Ladeflächen von Lkw schwenkten sie ihre Fahnen.
Das sonst so hektische Hupen in den Straßen der Hauptstadt Praia war plötzlich ein Konzert der Freude und Glückseligkeit. Nach der Qualifikation für den Afrika Cup 2013 gegen das übermächtige Kamerun konnte die halbe Million Menschen des Atlantikarchipels ihre Alltagssorgen wie Strom- und Wassermangel, Banditentum und Arbeitslosigkeit zumindest kurz vergessen.
Gejubelt wurde weltweit: Im Ausland leben ebenso viele Kapverdier wie auf den neun abgelegenen Inseln 460 Kilometer vor der Westküste Afrikas. Auch die Politik geriet ins Schwärmen. Präsident Jorge Carlos Fonseca war aus dem Häuschen: „Wir sind alle so stolz“, sagte er. Die Regierung hatte das Rückspiel in Kameruns Hauptstadt als „nationale Mission“ eingestuft. Die wurde trotz des 1:2 erfüllt, denn die Niederlage gegen Samuel Eto'o und Co. reichte nach dem 2:0 im Hinspiel zur ersten Teilnahme an dem Kontinentalturnier. „Ich bin der glücklichste Mann der Kapverden. Ich bin superhappy. Wir sind nun in aller Munde, und wenn wir so weiter machen, können wir es weit schaffen“, sagte Premierminister José Maria Neves.
Das Sportportal „Sapo Desporto“ schrieb: „Noch nie dagewesen! Historisch! Aus Tränen und Schweiß gemacht, und vom Regen gesegnet“. Und die Zeitung „Liberal“ titelte: „Haie haben die Löwen gezähmt“. Trainer Lúcio Antunes wird auf den Kapverden inzwischen mit Real Madrids Trainer José Mourinho verglichen und von Fans und Medien „Special One der Kapverden“ genannt. „Wir haben Großes vollbracht. Wir haben guten Fußball gespielt und Kamerun immer unter Kontrolle gehabt. Aber lasst uns nun die Qualifikation genießen. Glückwunsch an ganz Kapverden“, sagte der 45-Jährige. Flügelflitzer David Silva sagte nach seinem Debüt im Nationalteam: „Das war die schönste Niederlage meiner Karriere.“
Dabei kam der Erfolg der Kapverdischen Inseln für einige Experten gar nicht mal so überraschend: Die Inselfußballer haben sich in der FIFA-Weltrangliste von Platz 117 im April 2010 auf den 51. Rang vorgearbeitet. Fast im gleichen Zeitraum fiel Kamerun vom elften Platz auf Rang 71 zurück.
Selbst Kameruns Rekordtorschütze Eto'o, der sich nach Querelen mit dem Verband wieder ins Team eingliederte, konnte den schleichenden Niedergang der „unbezähmbaren Löwen“ nicht aufhalten: Beim 2:1-Heimsieg traf er vor 60 000 Zuschauern nur einmal den Pfosten. Nach der Partie mahnte der Russland-Legionär unverzügliche Veränderungen an. Schon bei seinem Rücktritt hatte er dem Verband „Amateurhaftigkeit und Chaos“ vorgeworfen.
Mit den Großen des Kontinents dürfen sich nun die Kapverdier messen. Nigeria ließ beim 6:1 gegen Liberia nichts anbrennen und buchte sein Südafrika-Ticket souverän wie Ghana (1:0 in Malawi) und Mali, das in Botswana mit 4:1 siegte. Nach Chaos und Spielabbruch im Senegal ist auch die Elfenbeinküste für den Afrika Cup qualifiziert. Der Senegal muss hingegen krasse Sanktionen fürchten, nachdem seine Fans randalierten und Steine und Flaschen aufs Spielfeld warfen. Die Spieler mussten den Rasen unter Polizeischutz verlassen. Insgesamt 30 Personen erlitten Verletzungen. Die Partie wurde 2:0 für die Ivorer gewertet.